Protest gegen G7 in Elmau: Gegen die Arroganz der Macht

Die Demonstranten kritisieren Flüchtlingspolitik, Freihandel und Klimapolitik. Fern vom Tagungsort kämpfen sie um Aufmerksamkeit.

Demonstration gegen G7 in München.

Weil der Tagungsort Elmau abgesperrt wird, läuft der Protest anderswo (hier: 4. Juni in München). Foto: dpa

BERLIN taz | | Wenn sich die Mächtigen der Welt hinter der pittoresken Fassade von Schloss Elmau versammeln, bleiben ihre Gegner außen vor. Ohne Chance, die Sicherheitszäune rund um den Tagungsort zu überwinden, nahezu ohne Möglichkeit, sich in der Öffentlichkeit Gehör zu verschaffen. Auf die Frage nach dem Kernpunkt ihrer Kritik an den versammelten Staats- und Regierungschefs sagt Cornelia Keller vom Aktionsbündnis „Stop G7 Elmau“: „Ihr seid sieben, wir sind viele: Nehmt uns ernst!“ Es klingt nach Machtlosigkeit.

Dennoch haben Keller und ihre Mitstreiter das Ringen um die Deutungshoheit über den Gipfel nicht aufgegeben. Während bayerische Politik, Behörden und viele Medien die Demonstranten einzig als Sicherheitsrisiko begreifen, versuchen diese weiter an der Logik von Herrschaft und Macht zu rütteln – rein diskursiv. Das Treffen sei weder demokratisch noch transparent, statt dessen Ausdruck der „Arroganz der Macht“, sagt Keller. Den ehemals führenden Industrienationen gehe es darum, „ihren Wohlstand zu sichern“. Dass davon auch der Rest der Welt profitiere, sei „eine Behauptung, die seit 40 Jahren uneingelöst geblieben“ sei.

Es ist der Sound der Globalisierungskritiker, der seit dem Treffen der Welthandelsorganisation WTO 1999 in Seattle alle Gipfeltreffen begleitet. Auch bei dem bereits am Donnerstag zu Ende gegangenen Alternativgipfel in München war er wieder zu hören. Über 600 Teilnehmer diskutierten auf dem von der Rosa-Luxemburg-Stiftung und vielen zivilgesellschaftlichen Organisationen unterstützten Kongress über eine „andere Welt“.

Das Programm bot die bekannte inhaltliche Breite: Es ging um Krieg, Freihandel, Klima und Flüchtlingspolitik. Auch die Themen, die auf der offiziellen Tagungsordnung des Treffens der G 7 stehen, hatten es in das Programm geschafft. Mit Workshops zu globaler Gesundheitspolitik und Stärkung von Frauenrechten wollten die Organisatoren nicht unkommentiert lassen, womit sich die sieben Mächtigen in ihrer Abschlusserklärung am Montag profilieren wollen.

Viele Aufrufe argumentieren grundsätzlich

Mit dabei auf alternativer Seite sind die nimmermüden Protagonisten der Szene wie etwa Jean Ziegler, der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, der insbesondere die Macht der großen Konzerne anprangert. Dass diese die Profiteure des Freihandelsabkommens TTIP sein werden, ist unter den Teilnehmern unumstritten – dass das Vertragswerk zwischen EU und USA außerhalb des Gipfels behandelt wird, spielt hierfür keine Rolle. Für zahlreiche Gipfelgegner, die die nächsten Tage in Garmisch verbringen werden, muss die Kritik dagegen grundsätzlicher ausfallen: Viele Aufrufe wimmeln von Begriffen wie Kapitalismus und Imperialismus.

Doch noch etwas anderes rückt unfreiwillig in den Vordergrund. Die Präsenz von 25.000 Polizisten, verbotene Demonstrationen und ständige Überwachung drängen die Aktivisten in die Rolle der Verfechter von Demonstrations- und Meinungsfreiheit. Die eigene Themensetzung rückt in den Hintergrund – auch das ist eine Form der Machtlosigkeit. Da hilft es nur wenig, dass Ziegler auch den Politikern im Schloss die Macht abspricht. Für ihn treffen sich dort nur die „Ausführungsgehilfen und Handlanger“ der Großunternehmen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.