Griechenland kurz vor der Pleite: Zwischen Bankrott und EU-Austritt

Premier Tsipras gerät unter Druck – von allen Seiten. Auch der Chef der griechischen Notenbank übt sich in Schwarzmalerei.

Ministerpräsident Tsipras kommt eine Treppe herunter, durch ein Spalier von Soldaten.

Ministerpräsident Tsipras empfängt Österreichs Bundeskanzler Faymann (gerade noch nicht im Bild) zum Gespräch. Foto: reuters

ATHEN taz | Auch das noch: Am Mittwoch warnte Zentralbankchef Jannis Stournaras die Athener Regierung vor einem Scheitern der Verhandlungen mit den internationalen Geldgebern. Ohne Einigung gerate Griechenland „auf einen schmerzhaften Weg, der zum Bankrott und wahrscheinlich auch aus der EU führt“, mahnte die Notenbank in ihrem Jahresbericht an Parlament und Regierung.

Damit dürfte der Streit zwischen Linkspremier Tsipras und Zentralbankchef Stournaras - einem ehemaligen Finanzminister - munter weitergehen. Schon längst hat der Fraktionssprecher der Linkspartei Nikos Filis dem Notenbankchef vorgeworfen, die Verhandlungen mit den Geldgebern „untergraben“ zu wollen.

Innenminister Jorgos Katrougalos fügte sogar hinzu: „An seiner Stelle wäre ich wahrscheinlich zurückgetreten“. Doch Stournaras sieht sich fest im Sattel, die Unabhängigkeit der Zentralbank ist gesetzlich garantiert.

Verfechter eines Euro-Austritts

Immerhin: Der Notenbankchef berichtet auch von einem „Kompromiss über die wichtigsten Bedingungen“ in den laufenden Verhandlungen mit den Geldgebern; es bleibe nur noch eine kurze Wegstrecke zu einer Gesamteinigung. Woher diese eher optimistische Einschätzung kommt, verrät Stournaras in seinem Bericht nicht.

Die einen freuen sich, die anderen protestieren gegen derartige Spekulationen, die ja implizieren, dass sich die Athener Regierung auf schmerzhafte Kompromisse eingelassen hat: So plädiert etwa der Ökonom und Linksabgeordnete Kostas Lapavitsas, ein Verfechter eines Euro-Austritts, erneut für eine Rückkehr zur Drachme im Einvernehmen mit den europäischen Partnern.

Auch Kapitalkontrollen nach zypriotischem Vorbild und Lebensmittelmarken für die Bevölkerung seien kein Tabu, sagte Lapavitsas in einem Zeitungsinterview. Der Ministerpräsident hält seine Partei bei Laune, will den Geldgebern allerdings nicht die Tür zuschlagen:

Donnernde Kritik von links

Nun beginne die Endphase der Verhandlungen, erklärte Tsipras voller Zuversicht vor der Fraktion seiner Partei. Eine Erpressung oder ein Ultimatum würde man dabei nicht akzeptieren, sagte er fast in einem Atemzug.

Die Zeit drängt: Allein in diesem Monat muss Griechenland 2,5 Milliarden Euro an die Geldgeber zurückzahlen. Im Juli und August kommen auf das Krisenland weitere Zahlungsverpflichtungen in Gesamthöhe von 8,9 Milliarden zu. Und das wäre noch nicht alles: Bis Jahresende sind weitere 4,35 Milliarden fällig.

Unterdessen sieht sich Tsipras immer stärkerer Kritik von Links ausgesetzt: Dimitris Koutsoumbas, Vorsitzender der orthodoxen Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE), warf ihm vor, alle Wahlversprechen über Bord geworfen zu haben und mit den Geldgebern insgeheim an einem neuen Spardiktat zu arbeiten.

Es sei an der Zeit, dass das Volk sein Schicksal in die Hand nimmt, donnerte Koutsoumbas. Daraufhin besetzten Mitglieder der kommunistischen Gewerkschaft PAME kurzerhand in einer symbolischen Aktion das Athener Finanzministerium.

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