Obdachlose in Berlin: Sommer ist schlimmer als Winter

Die Hitzewelle gefährdet viele Obdachlose, warnt die Bahnhofsmission – weil viele zu wenig trinken, oder das falsche.

Obdachloser auf einer Bank

Definitiv zu warm für diese Temperaturen. Foto: dpa

Fast 40 Grad im Schatten und prasselnde Sonne: Für viele Obdachlose birgt die aktuelle Hitzewelle große gesundheitliche Gefahren. Durchschnittlich drei bis vier Mal am Tag müsse derzeit der Krankenwagen kommen, weil wieder jemand in der Essenschlange vor der Berliner Bahnhofmission am Zoo umgekippt ist, sagte der Leiter der Einrichtung, Dieter Puhl, am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Besonders fatal sei die Kombination aus Obdachlosigkeit, Sucht und Alkoholabhängigkeit. „Wenn man drei Promille intus hat und die Sonne knallt, macht der Körper irgendwann nicht mehr mit“, sagte Puhl.

Von den täglich Hunderten Gästen der Bahnhofsmission, in der Mehrzahl Wohnungslose, seien bis zu 40 Prozent behandlungsbedürftig und müssten regelmäßig medizinisch oder psychiatrisch versorgt werden, sagte Puhl weiter. Während aber in den Wintermonaten mit der Berliner Kältehilfe ein flächendeckendes Netz an Betreuungs- und Versorgungsmöglichkeiten angeboten werde, gebe es im Sommer kaum Anlaufstellen für diese Menschen.

„Deswegen ist das Leben auf der Straße im Sommer für Wohnungslose in Berlin schwieriger als im Winter“, sagte Puhl. Viele Obdachlose seien wie „große Kinder“. Sie verhielten sich nicht vernünftig, indem sie beispielsweise bei Hitze viel Wasser trinken. Dazu seien sie mental und körperlich oft nicht mehr in der Lage. Im Sommer gebe es aber kaum Hilfsangebote, um sie aufzufangen.

Offiziell sollen in der Bundeshauptstadt bis zu 2.000 Menschen auf der Straße leben, Sozialverbände gehen dagegen von 4.000 bis 6.000 aus. Darunter seien immer mehr Familien, sagte der Bahnhofsmissions-Chef. „Kinder waren bei uns vor zwei Jahren noch kein Thema. Jetzt versorgen wir pro Woche 15 bis 20.“

Die Bahnhofsmission am Zoo ist eine der Einrichtungen in Berlin, die ganzjährig geöffnet hat für Wohnungslose, neben der Notübernachtung in der Franklinstraße oder der medizinischen Obdachlosenpraxis von Jenny de la Torre in der Pflugstraße in Berlin-Mitte. Um die immer mehr werdenden Gäste täglich versorgen zu können, ist die Bahnhofsmission auf Spenden angewiesen. Besonders benötigt würden derzeit besonders Säfte, Wasser, Sonnencreme, Bekleidung und Mützen, sagte Puhl. (epd)

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