Sparvorschläge für Griechenland: Brüssels Wunschpapier

Die Sparvorschläge von Griechenlands Premier Tsipras sorgen in seiner eigenen Partei für Ärger. Nun versucht er, die Parteifreunde umzustimmen.

Alexis Tsipras im griechischen Parlament

Werden sie folgen? Alexis Tsipras muss jetzt seine eigene Partei überzeugen (Archivbild). Foto: ap

ATHEN taz | Schon wieder ein verhasstes „Memorandum der Sparpolitik“? Oder vielleicht doch ein wachstumsorientierter Maßnahmenkatalog, der den Euro-Verbleib sichert? Daran scheiden sich die Geister in Griechenland. Nachdem Ministerpräsident Alexis Tsipras am Donnerstagabend sein 13-seitiges Reformangebot nach Brüssel geschickt hat, wird in Athen eine lebhafte Debatte über Sinn und Unsinn der Sparpolitik geführt.

Für die einen steht fest: Auf massiven Druck aus Brüssel und nach der indirekten Drohung, Griechenland aus der EU herauszudrängen oder dem Land zumindest das Stimmrecht zu entziehen, hat Tsipras einen Rückzieher gemacht und Sparmaßnahmen geschluckt, die er als Oppositionsführer verteufelte. Für die anderen geht es hier gar nicht mehr um Tsipras, sondern vor allem darum, dass ein ganzes Land nicht implodiert unter der Last von Schulden, sozialer Not und gesellschaftlicher Spaltung.

Ein erster Blick in die Athener Reformliste legt den Schluss nahe, dass Tsipras in der Tat kaum einen Wunsch aus Brüssel unerfüllt lässt: Höhere Steuern für Unternehmer und Landwirte. Reeder sollen stärker belastet und Steuervergünstigungen für Inseln gestrichen werden. Eine Erhöhung der Umsatzsteuer im Tourismus steht genauso auf der Liste wie eine Renten- und Justizreform und der Datenaustausch über Vermögenswerte griechischer Bürger im Ausland. Vorgesehen ist auch die Umsetzung einer langen OECD-Reformliste, Teilprivatisierung der staatlichen Elektrizitätswerke ADMIE. Im Gegenzug verlangt Griechenland 53,5 Milliarden Euro an Hilfe, um bis 2018 seine Schulden bedienen zu können.

Allein schon die Privatisierung der Elektrizitätswerke hätte gereicht, damit der mächtige Energieminister und Anführer des Syriza-Linksflügels, Panagiotis Lafazanis, den innerparteilichen Aufstand probt. Laut Medienberichten erklärte Lafazanis am Freitag, die Sparvorschläge von Tsipras seien mit dem Wahlprogramm von Tsipras nicht vereinbar. Er verlangte eine Abstimmung über einen eigenen, alternativen Thesenkatalog.

Lob für Frankreich

Fünf Syriza-Abgeordneten forden zudem von ihrem Ministerpräsidenten Tsipras, die „Erpressung“ der Gläubiger abzulehnen und den Euro-Austritt Griechenlands vorzubereiten. Alexis Mitropoulos, Syriza-Abgeordneter und Vizepräsident des griechischen Parlaments, beklagt „Fehler bei der Verhandlungsführung“.

Seit Freitagvormittag versucht der Regierungschef, die eigene Partei auf einen gemeinsamen, pragmatischen Kurs einzuschwören: Er habe keinen Wählerauftrag, Griechenland aus dem Euro zu holen, sondern lediglich den Auftrag für ein besseres Abkommen mit den Kreditgebern, erklärte Tsipras.

Und er fügte unmissverständlich noch hinzu: „Wir haben es alle gemeinsam bis hierher geschafft. Entweder wir machen gemeinsam weiter, oder wir gehen gemeinsam“ – eine klare Ansage an Lafazanis, aber auch an die mitregierenden Rechtspopulisten, die vermutlich auch so manche rote Linien zurücknehmen müssen.

In der griechischen Presse wird derweil die Rolle Frankreichs in den Verhandlungen hoch gelobt. „Die Regierung beweist täglich, dass Frankreich der größte – wenn nicht der einzige – Verbündete Griechenlands ist“, erklärt die auflagenstärkste Athener Zeitung Ta Nea.Mit Unbehagen wird dagegen das Schweigen in Berlin registriert. Ta Nea meint sogar zu wissen, dass Athener Regierungspolitiker vor „Rückschlägen aus Deutschland“ warnen.

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