Reaktion auf den IS-Anschlag in Suruç: Solidarität auf deutschen Straßen

In vielen Städten demonstrieren Kurden. Einige sehen auch die Bundesregierung in der Verantwortung. Deutsche Linke halten sich zurück.

Kurdische Demonstrantinnen in Berlin

Sie sind wütend: kurdische Demonstrantinnen am Montagabend in Berlin. Foto: imago/Christian Mang

BERLIN taz | Die Wut über das verheerende Attentat im türkischen Suruç entlud sich auch in den sozialen Medien in Deutschland. „RACHE !!! WER HEUTE SCHWEIGT UND DAHEIM SITZEN BLEIBT IST NICHT VON UNS !!!“, schrieb etwa der Verband der kurdischen Studierenden YXK auf Facebook. In nur wenigen Stunden mobilisierten kurdische Organisationen am Montagabend zu 30 Demonstrationen, unter anderem in Dortmund, Nürnberg, Erfurt, Darmstadt oder Frankfurt. Mehrere tausend Menschen nahmen insgesamt teil.

In Düsseldorf gingen über 600 Menschen auf die Straße, in Berlin war die Teilnehmerzahl ähnlich. Für Samstag planen kurdische Organisationen eine Großdemonstration in Nordrhein-Westfalen. „Seit Jahren unterstützt der türkische Staat unter der Führung von Erdoğan und vor den Augen seiner westlichen Verbündeten den terroristischen Faschismus des IS“, heißt es im Aufruf von YXK.

Am Montag war in einem Kulturzentrum in der türkischen Grenzstadt Suruç ein Sprengsatz explodiert. Dort hatten sich Mitglieder einer sozialistischen Jugendorganisation versammelt, die im benachbarten Kobani in Syrien Aufbauhilfe leisten wollten. 32 Menschen starben. Hinter dem Anschlag soll der „Islamische Staat“ stehen.

Während in den letzten Monaten in Deutschland die Solidaritätsbewegung für die kurdische Autonomieregion Rojava stetig wuchs, hielten sich deutsche Gruppen nun eher zurück. Außer der Interventionistischen Linken war die Präsenz nichtkurdischer Gruppen am Montag gering. In Berlin sprach die Linken-Abgeordnete Sevim Dağdelen: „In Suruç ging die Saat des AKP-Regimes auf, das in den IS investiert.“ Die Bundesregierung wende sich nicht entschieden genug gegen diese Haltung der türkische Regierung

Für viele gilt: „Jetzt erst recht“

Welche Konsequenzen das Attentat für deutsche Rojava-UnterstützerInnen haben wird, ist nicht absehbar. Eine Sprecherin des Demokratischen Gesellschaftszentrums der KurdInnen (NAV-DEM) sagte der taz, für viele Gruppen gelte: „Jetzt erst recht. Sonst hätten die Attentäter ihr Ziel ja erreicht.“ Allerdings sei die Stimmung in der Türkei derzeit „hochexplosiv“. „Wir schauen natürlich genau darauf, wie es da jetzt weiter abläuft.“ Eine Delegation aus Deutschland werde am Samstag nach Istanbul reisen. Auch dort soll es eine Großdemonstration gegen islamistischen Terror geben.

Sevim DaĞdelen, DIE LINKE

„In Suruç ging die Saat des AKP-Regimes auf, das in den IS investiert“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kondolierte dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu: „Wir sind verbündet im Kampf gegen den Terrorismus.“ Bundespräsident Joachim Gauck nannte den Anschlag eine „barbarische Tat“, die „Ausdruck einer menschenverachtenden Überzeugung“ sei.

Der kurdische Rechtshilfefonds Azadi warf der Bundesregierung vor, mit ihrer Kurdenpolitik „letztendlich den blutigen Terror des IS und die Verfolgungsstrategie des türkischen Staats“ zu unterstützen. Ungeachtet aller politischen Veränderungen halte Berlin an einer „repressiven, undemokratischen und längst nicht mehr nachvollziehbaren“ Vorgehensweise gegen Kurden fest. Erst am 18. Juli ließ die Bundesanwaltschaft einen 50-jährige Kurden verhaften: Er soll als PKK-Kader den Deutschlandsektor „Mitte“ geleitet haben. Azadi sprach von „alltäglicher“ Politikarbeit.

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