Fischen im Trüben

Missbrauch Senatsverwaltungen für Bildung und Integration wollen bei Pädophilie gemeinsam ihre Vergangenheit aufarbeiten

Die SPD-geführten Senatsverwaltungen für Jugend und Integration wollen gemeinsam Fehler aus ihrer Vergangenheit aufarbeiten. Wie Ilja Koschembar, Sprecher von Jugendsenatorin Scheeres, am Freitag mitteilte, stimme man derzeit mit Integrationssenatorin Dilek Kolat über die Fragen ab, die ein Historikergutachten beantworten solle. Die Beauftragung eines Historikerteams solle bereits „in Kürze“ erfolgen.

Geklärt werden soll unter ­anderem, wie es passieren konnte, dass Jugendliche Ende der siebziger Jahre vom Amt als Pflegekinder an verurteilte Sexualstraftäter vermittelt wurden.

Bekannt war dieser behördliche Modellversuch schon länger. Auch dass dieser auf ein vom Jugendsenat beauftragtes Gutachten von 1988 zurückging, das Pädosexuelle als Pflegeeltern empfahl. Doch erst als Berliner Zeitungen im Juli 2015 die umstrittenen Pflegestellen erneut unter die Lupe nahmen, sah sich die Behörde zur Aufklärung gezwungen und versprach eine gründliche Untersuchung.

„Es wird nötig sein, den gesamten Zeitraum zwischen 1970 und 2000 zu untersuchen“, sagte Koschembar zum Umfang des Forschungsauftrags, der noch im August erteilt werden soll. Zudem soll auch die Situation im Rest der damaligen Bundesrepublik untersucht werden. Man wolle herausfinden, ob Berlin ein Hotspot für pädosexuellenfreundliche Positionen war – oder ob derlei auch in anderen Bundesländern vorkam. Im Haus der Bildungsverwaltung in der Bernhard-Weiß-Straße sollen umfangreiche Akten über das Pflegekinderwesen lagern. Für andere Teilbereiche ist die Aktenlage offenbar unübersichtlicher: Erste eigene Nachforschungen hätten ergeben, dass im Landesarchiv keinerlei relevante Informationen zu finden seien, so Koschembar.

Die Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen ist deshalb betroffen, weil sie mit der rot-roten Koalition 2002 von der Bildungsverwaltung das Referat für gleichgeschlechtliche Lebensweisen (später umbenannt in Landes-Anti-Diskriminierungsstelle) erbte. Und damit auch dessen Akten und Altlasten: Im Juli 2015 wurde publik, dass die Bildungsbehörde 1991 eine „Adressenliste zur schwulen, lesbischen und pädophilen Emanzipation“ gefördert hatte. Die Liste wurde von dem Schwulen-Beratungszentrum Mann-o-Meter erstellt – mit „freundlicher Unterstützung durch das Referat für gleichgeschlechtliche Lebensweisen der Berliner Senatsverwaltung für Jugend, Frauen und Familie“, wie es in dem Heft heißt, das heute im Schwulen Museum einsehbar ist. Auf der Liste finden sich neben Schwulen- und Lesbengruppen auch Initiativen aus der Pädosexuellenszene.

In der Bildungsverwaltung gibt man sich zuversichtlich, dass das Historikergutachten, das Licht ins historische Dunkel bringen soll, schon bald vorliegen wird – eventuell sogar schon zum Jahresende. Nina Apin