Streit um Freibad in Kiel: Kämpfen um Katzheide

Kiel will ein neues Schwimmbad bauen, statt die bestehenden zu sanieren. Ein Verein will das Freibad in Gaarden erhalten.

Möwen haben das Kieler Freibad Katzheide für sich entdeckt: Menschen dürfen nur noch ins Nichtschwimmerbecken. Foto: Esther Geisslinger

KIEL taz | Die Möwen haben Katzheide entdeckt. Sie landen im Schwimmerbecken und flattern über die Wiese des Kieler Freibades. Dass überhaupt noch Menschen den Möwen den Platz streitig machen, sei ein Erfolg, so sehen das Ulrich Hühn, Hartmut Jöhnk und Kirstin Warschau. Sie sind Vorstandsmitglieder des Vereins „Katzheide Ja!“, der den dauerhaften Erhalt des Traditionsbades im Stadtteil Gaarden sichern will.

Das Bad Katzheide, in dem diese Saison nur das Nichtschwimmerbecken benutzt werden darf, könnte 2017 ganz geschlossen werden. Denn dann eröffnet einige Kilometer entfernt ein neues Sport- und Freizeitbad. Schon jetzt ist das Millionenprojekt umstritten. Die Gegner wollen alte Bäder erhalten, statt das neue zu finanzieren. Ein Bürgerbegehren läuft.

Kiel und seine Bäder, das ist ein Dauerproblem. Für die 242.000 Einwohner stehen im Winter zwei Hallenbäder und im Sommer vor allem die Ostsee zur Verfügung: Die Stadt wirbt für den Steg ins Meer mit dem „herrlichen Blick auf die Kieler Förde und Schwimmen in reinem Ostseewasser“ – also chlorfrei.

2008 wurde das denkmalgeschützte Lessingbad geschlossen, es war für den heutigen Badebetrieb nicht mehr geeignet. Aber auch die anderen Bäder, darunter Katzheide und das Hallenbad Gaarden, sind stark sanierungsbedürftig. So entstand der Plan für das neue Zentralbad, das am Ende der Kieler Förde, an der Schnittstelle zwischen Kiel-West und Kiel-Ost, liegt.

„Wir haben nichts gegen das Bad“, sagt Hühn. „Soll hingehen, wer will.“ Doch als Ersatz für Katzheide tauge es nicht: „In Gaarden leben Menschen, die wenig Geld haben und die im Freibad Urlaub machen“, sagt Hühn. Es gehe um soziale Integration – und um die eigene Familiengeschichte, fügt Kristin Warschau hinzu, die als Kind in Katzheide schwimmen lernte.

Stadtrat spricht von Bakterien und Schimmel

Der Vorwurf des Vereins „Katzheide Ja“ geht so: Die Stadt lasse das Bad verfallen, um es endgültig schließen zu können. „Wir machen das Bad nicht kaputt, es ist kaputt“, widerspricht Stadtrat Gerwin Stöcken (SPD), zuständig für Soziales, Gesundheit und Sport. In der Juli-Sitzung der Ratsversammlung trug er die Probleme vor: Schimmelpilz wuchert auf der PVC-Folie des Schwimmerbeckens und Bakterien gefährden die Gesundheit der Badenden. Nach „aufwändigen mikrobiologischen Befunden“ sei immerhin die Teil-Öffnung möglich, auch dank des übergroßen Einsatzes von Bademeistern und Reinigungspersonal.

Jene, die Katzheide schließen wollen, argumentieren, das Freibad habe stetig sinkende Besucherzahlen. Stark genutzt werde das Bad „nur in den Sommerferien und das nur bei gutem Wetter“, sagt etwa der SPD-Abgeordnete André Wilkens.

„Schon klar, warum“, sagt Kristin Warschau. „Die Wassertemperatur wurde gesenkt – das hält viele ab.“ Gleichzeitig habe das Bad seltener geöffnet, Frühschwimmen wurde bereits 2014 nicht mehr angeboten.

„Politiker wollen gerne etwas Neues eröffnen“

Hartmut Jöhnk, der früher bei der Stadtverwaltung auch für die Bäder zuständig war, ärgert, dass zu wenig Geld in die Unterhaltung fließt. „Politiker wollen gern was Neues eröffnen, statt zu erhalten“, sagt er. Rund 17 Millionen Euro sollte das neue Sport- und Freizeitbad kosten, also etwa so viel wie die Sanierung der alten Bäder gemeinsam. Aber schon jetzt ist klar, dass der Neubau mindestens 26 Millionen verschlingen wird. Kritik gab es dafür unter anderem vom Bund der Steuerzahler.

Um Katzheide zu erhalten, sammelt der Verein Unterschriften. Kommen knapp 9.000 zusammen, kann im Herbst ein Bürgerbegehren starten. Ulrich Hühn weiß auch, wann: parallel zur Entscheidung, ob Kiel mit Hamburg Olympische Spiele ausrichten will: „Olympia, Wassersport, Schwimmbad – passt.“

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