Studiengebühren in den USA: Mit Schulden in die Rente

US-Amerikaner schließen ihr Studium in der Regel mit hohen Schuldenlasten ab. Geschätzt wird, dass ein Drittel davon nie zurückgezahlt werden wird.

US-Studenten bei ihrer Abschlussfeier im Lane-Stadion, in Blacksburg, Virginia.

Abschluss in der Tasche, dafür aber auch ganz schön hohe Schulden. Foto: dpa

NEW YORK taz | Universitätsabsolventen in den USA starten ihr Berufsleben mit einem Klotz am Bein. Wer in diesem Jahr eine Universität abgeschlossen hat, sitzt durchschnittlich auf Rückzahlungsverpflichtungen von 35.051 Dollar. Bei jenen, die es bis zu einem Doktorabschluss gebracht haben und die an einer der renommierten Privatuniversitäten waren, kann die Zahl auf über eine Viertelmillion Dollar klettern.

Erst wenn diese Schulden zurückgezahlt sind, können die Universitätsabsolventen frei über ihr Einkommen verfügen, Häuser und Autos kaufen und möglicherweise Unternehmen gründen.

Ökonomen in den USA betrachten die studentische Verschuldung zunehmend als Wachstumshemmnis. Der Begriff einer „student loan bubble“, Studienkreditblase, geistert durch die Medien. Und im Präsidentschaftswahlkampf 2016 spielt das Thema erstmals eine wichtige Rolle.

Eine Schuldenuhr, die mit Daten von der US-Bundesbank bestückt wird, zeigt dabei, wie die studentische Schuldenlast jede Sekunde steigt: Gegenwärtig beträgt die Höhe der Studentenschulden fast 1.3 Billionen Dollars. Sie lasten auf den Schultern von 40 Millionen ehemaligen Studenten. Und sie sind sozial ungleich verteilt – am stärksten sind Sprösslinge aus finanzschwachen Elternhäusern betroffen.

Jene Verschuldeten, die sich im Gelegenheitsjobs oder freien Mitarbeiten herumschlagen oder die arbeitslos sind, werden möglicherweise nie in der Lage sein, ihre Schulden zurückzuzahlen.

Gegenwärtig sind 17 Prozent dieser Verschuldeten im Zahlungsverzug. Das Finanzministerium in Washington geht davon aus, dass ein Drittel aller studentischen Schulden nie zurückgezahlt werden wird.

In einem Land, das auf Pump lebt, ist die studentische Verschuldung nicht das einzige Problem. Doch andere Verschuldungen, insbesondere die Hypothekenlast von Hausbesitzern, haben sich am Ende der Rezession wieder eingependelt. Hingegen steigt die Kurve der studentischen Verschuldung weiter steil nach oben.

Die Uni-Gebühren steigen

Dafür gibt es verschiedene Gründe: Die Universitätsgebühren sind in den zurückliegenden zwei Jahrzehnten jedes Jahr stärker gestiegen als die Inflation. Im Universitätsjahr 2014/15 lagen die Studiengebühren an privaten Spitzenuniversitäten wie Princeton, Harvard, Yale und Columbia zwischen 42.000 und 51.000 Dollar pro Jahr. Dabei sind jährliche Lebenshaltungskosten von mindestens 14.000 Dollar noch gar nicht mit gerechnet.

Und selbst an öffentlichen Universitäten liegen die Studiengebühren nur selten unter 10.000 Dollar pro Jahr. Zu steigenden Studiengebühren kommt hinzu, dass sich der Staat in dem zurückliegenden Jahrzehnt weitgehend aus der Finanzierung der höheren Bildung zurückgezogen hat.

Für die auch Generation Y genannten Millennials, die um die Jahrtausendwende erwachsen geworden sind, ist die Schuldenlast das größte Alltagsproblem. Die Obama-Regierung hat zwar eine Obergrenze für Schuldenrückzahlungen (10 bis 15 Prozent des Monatseinkommens) geschaffen sowie eine Schuldenstreichung für Niedrigverdiener nach 20 bis 25 Jahren Ratenzahlungen. Doch für die meisten Betroffenen ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein.

Da die unter 34-Jährigen ein Viertel der Wahlberechtigten in den USA stellen, haben erstmals auch Präsidentschaftskandidaten das Thema aufgegriffen. Der linke Demokrat Bernie Sanders ist der Einzige, der vorschlägt, Studiengebühren für die öffentlichen Colleges und Universitäten ganz zu streichen.

Bildung muss frei sein

Er will sie stattdessen mit einer Steuer auf spekulative Transaktionen an der Wall Street finanzieren. Hillary Clinton denkt noch darüber nach. Bei den Republikanern hat Marco Rubio, der seine eigenen Studienschulden 2012 beglichen hat, versucht, andere Finanzierungsmodelle für Universitäten zu schaffen – ist aber an seinen Parteifreunden im Kongress gescheitert.

Die Finanzberater der Hochschulen verstehen sich allerdings als „Helfer“, weil sie Studenten bei der Aufnahme von Krediten zur Finanzierung der Studiengebühren beraten. Doch auch sie müssen sich mit dem Unmut der Studenten auseinandersetzen: Ende Juli kamen in New Orleans Tausende Berater von 3.000 US-amerikanischen Colleges und Unis zu ihrem alljährlichen Treffen zusammen. Derweil zogen Studenten aus Gruppen wie „Debt Collective“ und „Strike Debt“ durch die Stadt, und verlangten „freie höhere Bildung für alle“. Einer von ihnen, Michael Adorno-Miranda, hielt den verdutzten Beratern entgegen: „Ein Darlehen ist keine Hilfe.“

Das Problem ist generationenübergreifend: 65 Prozent der Studienschulden lasten auf den Schultern von Leuten unter 39 Jahren. 30 Prozent lasten auf den 40- bis 60-Jährigen. Aber ein kleiner Teil der US-Amerikaner geht mit der Last, die schon den Anfang ihres Berufslebens überschattet hat, in Rente.

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