Mitgliederwerbung bei der CDU: Die sollen mal kommen

Der CDU – und nicht nur ihr – fehlen die Mitglieder. Mit einer Charmeoffensive will sie nun um Frauen, Junge und Zuwanderer werben. Wie? Nun ja.

Wahlkampfveranstaltung 2009 für die CDU: Frau hält Angie-Schild hoch.

Seltene Spezies: Frauen in der CDU. Foto: dpa

BERLIN taz | Es ist ein schlichter Satz. Er lautet: „Wir wollen wieder mehr Mitglieder gewinnen.“ Ja, wer wollte das nicht, wenn er in den zurückliegenden Jahrzehnten mehr als die Hälfte seiner Mitglieder verloren hat? Vor 25 Jahren hatte die CDU noch 943.000 Mitglieder, heute sind es 450.000.

Am Montag hat deshalb die Parteiführung eine Art Charmeoffensive beschlossen. „Meine CDU 2017“ heißt das Papier, an dem im Konrad-Adenauer-Haus lange gebastelt wurde und das Generalsekretär Peter Tauber vorstellte. Auf 25 Seiten präsentierte er eine Art Attraktivitäts-Masterplan, der seiner Partei die neuen BeitragszahlerInnen in die weit offenen Arme treiben soll. Der Bundesparteitag im Dezember muss dieser Reform noch zustimmen, aber das ist eine Formalie.

Nun hat die Christlich-Demokratische Union Deutschlands das Mitgliederproblem nicht exklusiv. Zwar betonen CDU-Politikerinnen und -Politiker immer wieder gern, einer „Volkspartei“ anzugehören, also für weite Teile der Menschen hierzulande zu sprechen. Doch das Volk, es will einfach nicht mehr im erwünschten Ausmaß Mitglied werden. Warum nur?

Ob Sozialdemokraten, Grüne oder Linke – überall haben immer weniger Menschen Interesse, mitzumachen. Das mag zum Teil an der breitflächig anzutreffenden Politikverachtung liegen. (Wozu detailliert über Grundsatzprogramme diskutieren, wenn man doch zeitsparend und weitgehend faktenfrei ins Netz kotzen kann?) Aber es liegt natürlich auch an der Attraktivität von Parteien selbst.

Ob eine dreistündige Mitgliederversammlung im holzvertäfelten Hinterzimmer oder die Wahlstandbetreuung bei Wind und Wetter in der Fußgängerzone – ohne die Junge Union und ohne die Senioren-Union, sagt Generalsekretär Peter Tauber in Berlin, „würde es ganz schön duster aussehen“. Will die Partei sichtbar bleiben, muss sie aber auch die Berufstätigen und die Eltern mobilisieren.

Jünger, weiblicher, attraktiver auch für Zuwanderer möchte man deshalb werden. Präsidiumsmitglied Jens Spahn hatte vorab erklärt, seine CDU wirke auf Außenstehende noch zu oft als „Partei des alten weißen Mannes“. Da ist was dran. Wer je eine CDU-Veranstaltung besucht hat, konnte kaum ignorieren, wie wenige Frauen dort anzutreffen sind. Zwar hat die CDU sich vor 14 Jahren eine verdruckste 30-Prozent-Quote – das „Quorum“ – auferlegt. Die aber ist dermaßen leicht zu unterlaufen, dass es letztlich eben doch eher die Jungs auf die interessanten Posten schaffen.

Und so kommt es, dass nur jedes vierte CDU-Mitglied, ganz genau 25,8 Prozent, eine Frau ist. Das ist Negativrekord. In der SPD liegt der Frauenanteil bei 31,8 Prozent, bei der Linken bei 37,5 und bei den Grünen bei 38,5 Prozent. Das ambitionierte CDU-Ziel ist es nun, den Frauenanteil bis 2020 auf 30 Prozent zu erhöhen. Durchsetzen soll es Generalsekretär Peter Tauber, Angela Merkels hybrid konservative Allzweckwaffe.

Feste Endzeiten und Beitragsrabatt

Neben allerlei Gemeinplätzen findet sich in dem Papier dieser Satz: „Wir streben eine Mitgliederstruktur an, die die Vielfalt der Gesellschaft abbildet – deshalb wollen wir vor allem junge Leute, mehr Frauen und mehr Bürger mit Einwanderungsgeschichte für eine Mitarbeit in der CDU begeistern.“ Ebendiese Begeisterung bei Frauen möchte man unter anderem damit wecken, dass Parteiveranstaltungen künftig feste „Endzeiten“ haben. Familien soll eine Art Beitragsrabatt eingeräumt werden, und Mitglieder unter 25 Jahren und „ohne nennenswertes Einkommen“ soll der Beitrag erlassen werden.

Und die Zuwanderer? Die möchte man für die CDU mit „mehrsprachigen Materialien“ einnehmen, steht in dem Papier. Auf die Nachfrage, was denn da außerdem geplant sei, antwortete Peter Tauber, er sehe das Thema als „Baustelle“. Viele Zuwanderer könnten sich bisher nicht vorstellen, dass die CDU um sie wirbt. „Das ist dann auch eine Aufgabe an die Partei.“

Möglicherweise meint die Partei mit dem C im Namen die Sache mit den Einwanderern ungefähr so wie mit den Frauen. Man hat es sich mal ganz fest gewünscht – aber kommen müssen die schon selbst. Und dann dürfen sie erst mal die innerparteilichen Hierarchien überwinden, die Jens Spahns „alte weiße Männer“ binnen siebzig Jahren sorgfältig errichtet haben.

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