Reichsbürger-Bewegung: Rechte Intensivtäter spielen Polizei

Die Staatsanwaltschaft Dresden ermittelt gegen rechtsextreme Reichsbürger. Diese erkennen die Bundesrepublik nicht an.

Blaulicht auf Dach eines Polizeiautos

Keine Reichsbürger: Dieses Polizeiauto ist echt.

HAMBURG taz | Sie traten als Gesetzeshüter auf und sind selbst kriminell: In Sachsen ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen das „Deutsche Polizeihilfswerk“ (DPHW). In dem Verfahren wegen „Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung“ führt die Staatsanwaltschaft schon jetzt 292 Beschuldigte.

Die Ermittlungen gegen 84 weitere Verdächtige des DPHW, die der „Reichsbürger“-Bewegung nahestehen, laufen noch. „Sachsen ist eine Hochburg der ‚Reichsbürger‘-Szene“, sagt die linke Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz.

Eine Antwort des Justizministeriums auf eine kleine Anfrage von Köditz offenbart, dass das „Reichsbürger“-Netzwerk weit größer ist, als das Innenministerium bisher erklärte. Dieses behaupte seit Jahren, „man habe es nur mit Einzelfällen zu tun“, sagt Köditz der taz. Die Zahlen des Justizministeriums illustrieren das echte Ausmaß dieses extrem rechten Netzwerks.

Ende November 2012 fiel das DPHW besonders auf. Mindestens 15 Mitglieder der Gruppe überfielen im sächsischen Dörfchen Bärwalde einen Gerichtsvollzieher. Im Auftrag des Amtsgerichts Meißen sollte er auf einem Grundstück eine Forderung zwangsvollstrecken. In einer Presseerklärung führte das DPHW aus, dass seine „vorläufige Festnahme (...) zur Prüfung der Rechtsmäßigkeit“ erfolgt sei.

Keine BRD, keine Steuern

Der Hintergrund: Die „Reichsbürger“ erkennen die Bundesrepublik nicht an, zahlen keine Steuern und gründen eigene vermeintlich Rechts- und Regierungsorgane. Für viele Mitglieder dieses heterogenen Netzwerks besteht das Deutsche Reich von 1937 weiter.

Neben den Ermittlungen gegen DPHW-Mitglieder wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung laufen noch weitere Verfahren. Laut der Antwort auf die Kleine Anfrage wird über 60 Personen vorgeworfen, sich mehrfach strafbar gemacht zu haben.

Insgesamt werden mehr als 50 verschiedene Straftatbestände angeführt, am häufigsten Nötigung (57-mal), Freiheitsberaubungen (17-mal) sowie Bedrohungen und Erpressungen (13-mal). Hinzu kommen sieben Körperverletzungen. Außerdem liegen mehrere Fälle von Volksverhetzung vor.

„Ausgerechnet unter denjenigen, die auf eigene Faust Polizei spielen, sind offenbar etliche Intensivtäter“, sagt Köditz. „Das Innenministerium täte gut daran, das nicht weiter zu verharmlosen.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.