Schlafen ist Zeitverschwendung

Zeitmanagement Über 20 Stunden in der Woche arbeiten die Deutschen unbezahlt im eigenen Haushalt. Das Statistische Bundesamt hat erhoben, wie sie ihre Zeit verbringen

Früh übt sich, was ein guter Hausmann werden will: Vater und Sohn beim Wäscheaufhängen Foto: plainpicture

von Josephine Schulz

Es ist das alte Dilemma: Der Tag hat 24 Stunden, die To-do-Liste aber umfasst 200 Stichpunkte, und Schlafen gehört nicht dazu. Viele Menschen streben eine gute Work-Life-Balance an, doch der Alltag fordert ihnen Multitasking-Fähigkeiten ab. Das Statistische Bundesamt hat von 2012 bis 2013 5.000 Haushalte befragt, wie sie sich ihre Zeit einteilen. Ein Ergebnis: Menschen über 18 Jahre arbeiten rund 45 Stunden pro Woche, allerdings weniger als die Hälfte davon in ihrem jeweiligen Job. Rund 24,5 Stunden entfallen auf unbezahlte Arbeit – am Herd, im Garten, am Krankenbett der Großeltern. Der Zeitaufwand für solche Tätigkeiten ist in den letzten zehn Jahren gesunken, wohl auch dank technischer Hilfsmittel. Die Arbeitsstunden im Job sind dagegen gestiegen.

Trotz der Zunahme von Erwerbsarbeit: Bei den Frauen machen unbezahlte Sorgetätigkeiten noch immer 64 Prozent des Arbeitstages aus. „Genau diese Aufteilung führt zu der ungleichen Einkommensverteilung und den niedrigen Renten von Frauen“, beklagt Familienministerin Manuela Schwesig (SPD). Obwohl Männer immer wieder ihren Wunsch nach mehr Zeit mit den Kindern bekräftigen und obwohl 60 Prozent der Eltern angeben, Erwerbs- und Sorgearbeit gleichmäßiger aufteilen zu wollen, verändern sich die Rollenmodelle hinter der Haustür kaum. Mit dem Elterngeld Plus habe man einen Schritt in Richtung Familienarbeitszeit gemacht, findet Schwesig. Wöchentlich arbeiten Menschen mit Kindern rund 10 Stunden länger als Kinderlose. „Viele Eltern erleben eine Zerrissenheit“, meint die Ministerin: Sie wollten gute Mütter und Väter sein, aber nicht vom Chef hören, dass sie nie anwesend sind.

Eltern erlebten eine Zerrissenheit, meint Familienministerin Manuela Schwesig

Die Ergebnisse des Bundesamtes zeigen jedoch auch: Obwohl berufstätige Eltern über Zeitmangel klagen, die Zeit mit dem Nachwuchs wird gut genutzt: Kinder von Berufstätigen werden bei den Hausaufgaben ebenso lange betreut und bekommen ebenso viele Stunden vorgelesen wie andere. „Das sollten sich alle merken, die noch immer über Rabeneltern diskutieren“, sagt die Familienministerin. Wenn berufstätige Eltern Zeit sparen müssten, dann täten sie das bei sich selbst und nicht bei den Kindern. Schwesigs Lösung für diese stark geforderte Generation: Wochenarbeitszeiten zwischen 33 und 38 Stunden. Inwiefern sich solche Wünsche beim Chef durchsetzen lassen, ist allerdings fraglich – besonders in Zeiten, in denen die Arbeitgeber auf die Auflösung des 8-Stunden-Tages pochen und ihre Mitarbeiter eigentlich gern 45 oder 50 Stunden im Büro behielten.

Bei all den Ansprüchen und Verpflichtungen stellt sich die Frage: Wo bleibt da noch Zeit für ein Glas Wein oder einen Kinofilm? Rund sechs Stunden verbringen die Deutschen laut Statistik täglich mit Freizeitaktivitäten. Das hat sich in den letzten zehn Jahren kaum verändert. Genauso wenig wie die Lieblingsbeschäftigung der Deutschen: 14,5 Stunden in der Woche läuft die Glotze.