Debatte um Flüchtlinge in Tschechien: Petition gegen Fremdenfeindlichkeit

Mehr als 550 Wissenschaftler warnen die Politiker: Profiliert euch nicht auf Kosten von Migranten. Laut Medien soll bald das Militär die grüne Grenze bewachen.

Menschen skandieren auf einer Demonstration

Fremdenfeindliche Demonstration von Rechtsextremisten in Prag am 15. August. Foto: imago/CTK Photo

PRAG dpa/taz | Mehr als 550 Wissenschaftler und Akademiker haben vor rasant wachsender Fremdenfeindlichkeit in Tschechien gewarnt. In einem am Montag veröffentlichten Aufruf ermahnten sie die Politiker ihres Landes, sich nicht auf Kosten von Flüchtlingen und Ausländern zu profilieren. Zudem forderten sie die tschechischen Medien zu einer verantwortungsvollen Berichterstattung auf.

Die Unterzeichner kritisierten, dass Migranten in der öffentlichen Debatte als „schädliches Ungeziefer oder Parasiten“ dargestellt würden, die Sozialsysteme aussaugten, mordeten und vergewaltigten. Muslime würden zu Unrecht in einen Topf mit Terroristen geworfen. Die Wissenschaftler riefen zu Solidarität mit den Flüchtlingen auf. „Wir dürfen uns nicht vom Unglück anderer abwenden“, forderten sie.

In jüngster Vergangenheit hat sich vor allem Tschechiens Präsident Milos Zeman immer wieder mit Äußerungen gegen Flüchtlinge hervorgetan. Nach einer Revolte von Insassen eines Abschiebezentrums sagte er in einem Interview in Richtung der Flüchtlinge: „Niemand hat euch hierher eingeladen“.

Zeman fordert zudem den Einsatz der Armee zum Schutz der Landesgrenzen vor Flüchtlingen. Die Armee könne die Polizei notfalls sofort mit 1.500 Soldaten verstärken, teilte der Generalstab in Prag mit. Der Politologe Jiri Pehe warnte, dass die Schließung der Grenzen mit Hilfe der Armee einem Austritt aus dem Schengenraum gleichkäme.

„Außerordentliche Übung“

Die konservative Prager Tageszeitung Lidove noviny berichtete laut dem Online-Portal der österreichischen Tageszeitung Die Presse am Dienstag demenstprechend, dass das Militär noch in diesem Jahr plane, eine „außerordentliche Übung“ an den Staatsgrenzen für Reservisten abzuhalten. Die Armee wollte dies allerdings nicht bestätigen.

Der Generalstab habe mehrere Kommandanten des Reservisten-Regiments beauftragt, ihre Mitglieder nach der Bereitschaft an der Teilnahme an solch einer Übung zu fragen, hieß es in dem Bericht weiter. Demnach sollten sie später der Polizei als Unterstützung dienen. Der Zeitung zufolge werden jedoch nur jene gefragt, die heuer an noch keiner Übung teilgenommen haben. Dabei handle es sich um 400 von insgesamt 900 Reservisten.

„In dem Brief des Generalstabs steht, dass es sich um eine Orientierungs-Befragung handelt und dass wir darüber nicht sprechen dürfen“, zitierte Lidove noviny laut Die Presse einen Reservisten aus Mähren, der anonym bleiben wollte.

Lidove noviny kommentierte, dass die Bewachung der grünen Grenze mithilfe des Militärs eine über alle Maßen absurde Vorstellung sei. „Wenn Tschechien etwas wegen der Flüchtlingswelle braucht, dann sind es ausreichend Polizisten, Verwaltungsbeamte und Flüchtlingsunterkünfte. Hingegen ist es derzeit völlig überflüssig, einen Spitzenklasse-Chemieexperten, einen Armeetechniker oder einen teuer trainierten Piloten den Grenzstreifen zum Beispiel zwischen Tschechien und Österreich ablaufen zu lassen.“

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