Überfälle in Berlin
: Im falschen Topf mit Pegida

Jennifer Weist wies lediglich darauf hin, von einer Gang überfallen worden zu sein

Stars lassen ihre Fans dank sozialer Medien stets an ihrem Leben teilhaben, an den guten Dingen wie an den schlechten. So war es letztlich auch nur ein weiterer Post für ihre digitale Community, den die Sängerin Jennifer Weist von der Berliner Band Jennifer Rostock an ihre Facebook-Wand pinnte. Darin berichtete sie davon, dass sie und ihr männlicher Begleiter nachts in Berlin auf dem Friedrichshainer ­Ausgehgelände RAW überfallen wurden. Es kam zu einem Ge­rangel, einer der Angreifer verletzte Weists Begleiter am Hals, wahrscheinlich mit einer Rasierklinge. Ein Foto von der Verletzung hängte die Sängerin an. Die Nachricht wurde rasend schnell Zehntausende Male geteilt. Aber mit der Art von Kommentaren, die dann bei ihr eingingen, hatte Jennifer Weist nicht gerechnet. Sie waren von genau der Art, wie sie die Tagesthemen-Sprecherin Anja Reschke und Til Schweiger erhielten, als sie klarmachten, wie verachtenswert sie den Hass fänden, der Flüchtlingen in Deutschland entgegenschwappt: schlimm und ausländerfeindlich.

Weist reagierte geschockt, verwahrte sich gegen Rassismus jeder Art. Aber sie musste sich auch dagegen verwahren, von der Antifa nun „Pegida-­Jenny“ genannt zu werden; mit ihren Kommentatoren wurde sie einfach in einen Topf geworfen. Tatsächlich scheint man in der Flüchtlingsdebatte als öffentliche Person schnell die Kontrolle über seine Worte verlieren zu können. Jennifer Weist war spürbar aufgeregt, als sie ihren Post schrieb, sie sprach von „Wichsern“, die man unbedingt fassen müsse, aber nicht von Ausländern, Schwarzen, Arabern oder sonst irgendetwas, was sie als „Pegida-Jenny“ qualifizieren könnte. Sie wies lediglich darauf hin, von einer Bande überfallen worden zu sein.

Gut an der Sache ist, dass die Zustände rund um das RAW-Gelände nun vielleicht ernsthafter als bisher diskutiert werden. Denn, ja, es handelt sich um Banden, die hier ihr Unwesen treiben. Teilweise verfeindete Gangs betreiben einen blühenden Drogenhandel, inzwischen wird hier mehr schlechtes Gras an Touristen verkauft als im Görlitzer Park, der bislang als Dealerparadies Berlins galt.

Dabei nutzen den Gangs die undurchsichtigen Strukturen auf dem Gelände. Dieses wurde erst vor Kurzem von einem Immobilieninvestor gekauft, der nur darauf wartet, es neu bebauen zu dürfen. Bis es so weit ist, kochen hier verschiedene Clubs ihr je eigenes Süppchen, ein gemeinsames Konzept für einen Wachschutz gibt es nicht. Es ist nicht einmal geklärt, wer für die Müllbeseitigung auf dem Gelände zuständig ist. Gleichzeitig hat die Polizei kein Konzept, wie sie die Entfaltung von Gangstrukturen eindämmen soll. Das sollte Jennifer Weist nun einmal ansprechen. Enorme Aufmerksamkeit wäre ihren Worten sicher. Andreas Hartmann