Nachruf
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Franz X.A. Zipperer Foto: privat

Unser Berliner Mitarbeiter Franz X.A. Zipperer ist tot. Wie gestern bekannt wurde, erlag Franz am 31. August einem Herzinfarkt. Er wurde 63 Jahre alt.

Bevor Zipperer 2010 zum ersten Mal auf diesen Seiten den ersten von vielen weiteren Texten veröffentlichte – er rezensierte ein Album von Neil Young –, hatte er bereits ein kurvenreiches Leben hinter sich. Er wuchs im Rheinland zu Zeiten des Wirtschaftswunders auf, wohin seine aus dem Bayerischen Wald stammende Familie in den fünfziger Jahren übersiedelt war. Sein bayerisch klingender Name, den er selbst stets als Strafe empfunden hat, entfachte im Westen durchaus Voodoo-Zauber: Schon zu Schulzeiten war der Sound des Beat daher willkommene Fluchtmöglichkeit vor dem Anpassungsdruck, vor der durchaus auch körperlichen Gewalt der Spießbürger gegen die langhaarigen „Gammler“, denen sich Franz zurechnete. Und Konzerte waren eine frühe Leidenschaft von Franz. Seit den späten Sechzigern sah er unzählige Auftritte, unter anderem von den Rolling Stones, und entwickelte ein enzyklopädisches Wissen zu allem, was mit der Rockszene zusammenhing, was ihm später als Autor weiterhelfen sollte. Sein Universalwissen ist etwas, was heute, im Zeitalter der Fragmentierung und zunehmenden Nischenbildung, kaum noch möglich erscheint, Kenntnisse von Superstars und Untergrund, von Popphänomenen und der globalen Folkkultur. Franz war ein Multiplikator, egal, ob er, der in den Siebzigern Pädagogik studiert hatte, an der Wuppertaler Volkshochschule unterrichtete oder in Düsseldorf das Jugendzentrum ZAKK mitgründen half, in dem in den Achtzigern viele inzwischen legendäre Punkkonzerte stattfanden.

Bis zum Schluss blieb Franz interessiert und neugierig, man traf ihn bei Konzerten und auf Festivals, er unternahm Reportage-Reisen, etwa in den Libanon oder in den US-amerikanischen Süden. Als Autor führte er für die taz auch Interviews, nie anbiedernd, nie unterwürfig. Er blieb freundlich, auch in dem zynischen Feld des Musikbiz. Und Franz opferte für seine Leidenschaft viel: Als freier Journalist auf dem Feld Musikjournalismus war seit Beginn der nuller Jahre Existenzkampf angesagt, und Franz trotzte dieser Abwertung, in dem er nachts an Tankstellen jobbte. Rest in ­peace! JULIAN WEBER