Männerfußball-Bundesliga 4. Spieltag: Bayern siegt dank Fehlentscheidung

Der spielentscheidende Elfmeter gegen Augsburg hätte nicht gegeben werden dürfen. Die Neulinge Ingolstadt und Darmstadt behaupten sich gegen ihre Gegner.

Augsburgs Torhüter greift vergeblich nach dem Leder. Der Schütze war Thomas Müller.

Augsburgs Torhüter Marwin Hitz sieht gegen Elfmeterschütze Thomas Müller alt aus. Hätte er aber gar nicht müssen Foto: dpa

MÜNCHEN dpa | Die Bayern atmeten nach dem Last-Minute-Sieg erleichtert durch, die Augsburger erzürnte beim spannenden Schlussakkord der Elfmeterpfiff. Zum Auftakt von drei Englischen Wochen mit wichtigen Prüfungen in der Fußball-Bundesliga und im Europapokal für beide Teams drehten die Münchner am Samstag beim 2:1 (0:1) in der 90. Minute das Spiel gegen den kleinen Freistaat-Nachbarn. „Wenn ich es knallhart sage: Beschissen worden“, schimpfte Gäste-Trainer Markus Weinzierl mit Blick auf den Strafstoß kurz vor dem Spielende.

Douglas Costa war im Augsburger Strafraum auf Markus Feulner aufgelaufen, der Schiedsrichter-Assistent hob sofort die Fahne. Er habe sich darauf verlassen, aber nach Ansicht der TV-Bilder müsse man eine Fehlentscheidung einräumen, gab ein zerknirschter Schiedsrichter Knut Kircher zu. Die Entschuldigung bringe auch keinen Punkt mehr, haderte Feulner. „Ich kann mich einfach nicht in Luft auflösen. Ich glaube, jeder im Stadion hat gesehen, dass das kein Elfmeter war – nur der Linienrichter. So zu verlieren, ist doppelt bitter.“

Selbst die siegreichen Bayern fühlten mit den Augsburgern. „Ich habe in meiner Karriere klarere Elfmeter als in dieser Situation gesehen“, gestand auch Bayern-Coach Pep Guardiola und war mit der Vorstellung seines Teams nicht zufrieden. „Ich weiß, es ist schwer nach Länderspielen. Aber das ist keine Entschuldigung. Aber wir müssen 90 Minuten spielen, nicht nur 45.“ In der Tabelle marschieren die Münchner gleichauf mit dem knapp führenden BVB an der Spitze.

Nach dem Rückstand durch Alexander Esswein (43. Minute) sorgten Robert Lewandowski (77.) und Thomas Müller (90.) mit dem viel diskutierten Foulelfmeter und seinem sechsten Saisontor vor 75. 000 Zuschauern in der Münchner Arena doch noch für den mühsamen Erfolg. Vier Tage vor dem Champions-League-Auftakt am Mittwoch bei Olympiakos Piräus war die Partie aber auch eine Warnung für die Münchner, bei denen Neuzugang Kingsley Coman seinen Einstand gab.

Die Augsburger verpassten trotz Führung ihren ersten Saisonsieg zwar auch in München, aber die Zuversicht vor dem Europa-League-Debüt am Donnerstag bei Athletic Bilbao dürfte gewachsen sein. Nach zwei Siegen in den zwei von drei vorangegangenen Derbys gegen den damals jeweils als Meister feststehenden FC Bayern gingen die Schwaben diesmal leer aus.

Die Münchner begannen auch ohne den wegen leichter muskulärer Probleme kurzfristig geschonten Mario Götze sehr dominant. Trotz am Ende 80 Prozent Ballbesitz erspielten sich die Gastgeber nicht viele zwingende Torchancen.

Die Schwaben standen hinten sehr sicher, in der Offensive hatten sie lange aber nicht einmal einen richtigen Torabschluss. Als nach Zusammenspiel zwischen Ja-Cheol Koo und Raul Bobadilla der Ball aber zu Esswein kam, fackelte der Flügelspieler nicht lange und hämmerte den Ball mit einem satten Rechtsschuss am machtlosen Manuel Neuer vorbei ins Tor. Es war der erste Bundesliga-Gegentreffer der Münchner zu Hause seit 331 Minuten und dem Siegtor von Bobadilla beim FCA-Erfolg vor vier Monaten in München.

Überlegen wie vor dem Seitenwechsel stemmte sich das Bayern-Team nach der Pause gegen die drohende Derby-Niederlage – und erspielte sich mehr gute Chancen. Augsburg hatte der nun schneller laufenden Münchner Angriffsmaschinerie nur harmlose Konter entgegenzusetzen. „Es war auf jeden Fall ein Arbeitssieg“, sagte Nationaltorhüter Neuer.

Dortmund für Hannover eine Nummer zu groß

Tabellenführer Borussia Dortmund war auch für Hannover 96 eine Nummer zu groß. Trotz bemerkenswerter Gegenwehr verloren die weiterhin sieglosen Niedersachsen das vermeintlich aussichtslose Duell gegen das derzeit formstärkste Bundesliga-Team mit 2:4 (1:2). Nach dem Ende einer packenden Begegnung und dem neunten BVB-Sieg im neunten Pflichtspiel verabschiedeten die 49.000 Zuschauer in der ausverkauften Arena beide Mannschaften mit Beifall.

Top-Stürmer Pierre-Emerick Aubameyang überzeugte diesmal als Elfmeterschütze. Zunächst verwandelte er in der 35. Minute einen Foulelfmeter, zudem setzte er mit einem Handelfmeter (85.) den Schlusspunkt unter das Top-Spektakel. Henrich Mchitarjan (44.) und 96-Profi Felipe (67.) mit einem Eigentor erzielten die anderen Dortmunder Treffer. Für die Gastgeber traf der polnische Stürmer Artur Sobiech nach einem blitzsauberen Konter (18.) und nach einem Patzer von BVB-Profi Mats Hummels (53.) zweimal.

„Wir müssen noch einen Tick stabiler stehen“, forderte Hummels. Er unterlief beim zweiten Gegentor eine Flanke von 96-Profi Edgar Prib sträflich. Dadurch brachte er seine Mannschaft in eine gefährliche Situation. „Nach dem 2:2 hätte das Spiel auch in eine andere Richtung gehen können“, sagte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. „Die beiden Gegentore hätten so nicht fallen dürfen.“

Auf der anderen Seite war der Brasilianer Felipe der große Pechvogel der Partie. Er ersetzte 96-Kapitän Christian Schulz, der wegen einer Rückenverletzung diesmal nicht als Innenverteidiger auflaufen konnte. Lange Zeit machten Felipe und seine Kollegen das Abwehrzentrum dicht, doch nach einem Schubser gegen den Dortmunder Jonas Hofmann, der den verletzten Marco Reus vertrat, zeigte Schiedsrichter Daniel Siebert zum ersten Mal auf den Elfmeterpunkt. Eine harte Entscheidung, die man geben kann, aber nicht unbedingt muss.

Nach der Pause kam es für Felipe knüppeldick. Erst lenkte er eine Flanke von Matthias Ginter ins eigene Tor, dann unterlief ihm das Handspiel, das zum zweiten Dortmunder Elfmeter führte. „Er hat eine schwere Nacht vor sich“, sagte 96-Coach Frontzeck. Er hatte insgesamt fünf Änderungen in der Startelf vorgenommen. Vor allem der Japaner Hiroshi Kiyotake deutete beim Comeback nach dreimonatiger Verletzungspause seine Qualitäten an. „Ihn möchte ich besonders herausstellen“, betonte Frontzeck.

Darmstadt luchst Leverkusen drei Punkte ab

Marco Sailer empfand diebische Freude. Den 1:0 (1:0)-Coup bei Bayer Leverkusen kommentierte der Profi von Aufsteiger SV Darmstadt mit einem schelmischen Grinsen. „Es macht Spaß, wenn der Gegner die Nerven verliert und ihm nichts mehr einfällt.“

Der erste Bundesliga-Sieg der „Lilien“ seit 33 Jahren wurde stürmisch bejubelt. Noch Minuten nach dem Schlusspfiff ließ sich das Team von Trainer Dirk Schuster von den Fans feiern. Zu diesem Zeitpunkt waren die Leverkusener bereits in der Kabine und schoben Frust. Wie schon beim 0:3 beim FC Bayern blieben sie den Nachweis schuldig, eine Spitzenmannschaft zu sein. „Für uns war das alles andere als ein Sahnetag“, klagte Trainer Roger Schmidt nach der ersten Heimniederlage seiner Mannschaft seit Februar, „was die Cleverness anbetrifft, haben wir noch viel zu lernen.“

Eine engagierte Defensivleistung genügte den Gästen, um die mit einem mehrfachen Etat ausgestattete und am Samstag ratlose Werkself in die Knie zu zwingen. Vor 29.396 Zuschauern in der BayArena sorgte Aytac Sulu (8. Minute) nach einem Freistoß von Konstantin Rausch per Kopf für den verdienten Sieg. Vier Spiele ohne Niederlage zum Bundesliga-Start waren Darmstadt zuvor nie gelungen. „Wir freuen uns alle riesig. Das frühe 1:0 hat uns natürlich in die Karten gespielt“, befand Fußball-Lehrer Schuster.

Dagegen ging die Generalprobe der Leverkusener für die Champions League gründlich daneben. Dennoch ist Angreifer Stefan Kießling zuversichtlich, dass es am Mittwoch gegen BATE Borissow beim Start in die Gruppenphase der Königsklasse besser läuft: „Dann werden wir ganz anders auftreten. Da wird eine Mannschaft auf dem Platz stehen, die richtig Gas gibt.“

Auch die Einwechslung der zusammen rund 23 Millionen Euro teuren Last-Minute-Zugänge Javier Hernandez und Kevin Kampl in der 58. Minute brachte nicht die erhoffte Wende. Zwar erhöhten die Leverkusener nun den Druck, erspielten sich aber weiterhin zu wenig Möglichkeiten.

Abwehrspieler Kyriakos Papadopoulos (70.) verfehlte das Tor knapp. Beim Kopfball von Hernandez (77.) erwies sich Darmstadts Schlussmann Christian Mathenia einmal mehr als großer Rückhalt. Dass seine Mannschaft in der Tabelle nun vor den Leverkusenern rangiert, hält der Darmstädter Trainer Schuster bei aller Euphorie nur für eine Momentaufnahme: „Wenn man beide Kader miteinander vergleicht, fallen einem gravierende Unterschiede auf.“

Stuttgart verliert gegen Hertha BSC

Mit 1:2 (1:2) verlor der VfB Stuttgart am Samstag trotz spielerischen Vorteilen in der ersten Hälfte bei Hertha BSC. Erstmals begann eine Saison in der Fußball-Bundesliga für den Club mit vier Pleiten nacheinander.

Mit Borussia Mönchengladbach liegen die Stuttgarter am Tabellenende. Konsterniert standen die VfB-Profis noch Minuten nach dem Abpfiff auf dem Rasen und verabschiedeten sich mit hängenden Köpfen von den mitgereisten Fans. Genki Haraguchi (14. Minute) und Kapitän Fabian Lustenberger (45.+3) mit einem sehenswerten Volleyschuss hatten den Berlinern mit dem früheren Stuttgarter Vedad Ibisevic den ersten Heimsieg seit 2:0 gegen den SC Paderborn am 5. April beschert. Vor 45.994 Zuschauern hatte der Bosnier Toni Sunic (36.) in seinem ersten Pflichtspiel für den VfB lediglich den zwischenzeitlichen Ausgleich erzielt.

Die Elf von Hertha-Trainer Pal Dardai hat sieben Punkte mehr als die Schwaben auf dem Konto und damit einen guten Saison-Start hingelegt. „Es fühlt sich super an, so ist das in der Bundesliga: Wenn man gewinnt, hat man alles richtig gemacht“, erklärte Ibisevic nach der Partie gegen seinen Ex-Club.

Zu Beginn hatten die Gastgeber das Spiel gestaltet. Früh überwand der Japaner Haraguchi VfB-Torhüter Odisseas Vlachodimos, der den gesperrten Przemyslaw Tyton vertrat. Mitchell Weiser passte bei seiner Startelf-Premiere in den Strafraum, der Tscheche Adam Hlousek ließ Haraguchi zu viel Raum. Trotz der bisherigen Pleiten zeigten sich die Gäste vom Rückstand keineswegs geschockt. Im Gegenteil: Stuttgart übernahm die Initiative und hatte schnell einige Chancen.

Zum Ausgleich führte eine Freistoß-Flanke von Daniel Didavi: Völlig alleingelassen köpfte Sunjic ein. Auch im Anschluss dominierte der VfB das Geschehen und stellte die Berliner Defensive vor Probleme. „Wir müssen anerkennen, dass es ein glücklicher Sieg war“, meinte Hertha-Verteidiger Sebastian Langkamp.

Noch kurz vor der Halbzeit war Dardai zur Umstellung gezwungen: Roy Beerens musste mit Wadenproblemen angeschlagen raus, so kam Ibisevic früh zu seiner Premiere im Hertha-Trikot. Überraschend fiel die erneute Führung für die Gastgeber in der Nachspielzeit der ersten Hälfte: Ein abgewehrter Freistoß von Plattenhardt landete bei Lustenberger – der Schweizer drosch den Ball volley aus der Distanz ins Netz. „Lusti macht dieses schöne Tor, das hat uns beruhigt“, sagte Dardai.

So kam seine Hertha mit mehr Schwung aus der Pause. Ibisevic wirkte motiviert, verpasste aber ebenso wie Kalou (49./69.), einen höheren Vorsprung herauszuschießen (47.). VfB-Coach Zorniger reagierte und schickte Neuzugang Robbie Kruse (55.), Alexandru Maxim (68.) und später noch Arianit Ferati aufs Feld. Doch insgesamt fehlten die kreativen Impulse bei den nachlassenden Stuttgartern.

Ingolstadt schafft Unentschieden gegen Wolfsburg

Julian Draxler hatte sich bei seinem Debüt im Trikot des VfL Wolfsburg viel mehr erhofft. „Mit einem 0:0 in Ingolstadt können wir generell nicht zufrieden sein“, resümierte der Fußball-Nationalspieler nach der Nullnummer des Pokalsiegers und Vizemeisters beim Bundesliga-Neuling. Auch vom eigenen Premiereneinsatz als Nachfolger von Kevin De Bruyne hatte sich der 21-Jährige mehr versprochen. Über einige positive Ansätze in der Offensive kam der Ex-Schalker aber wie sein neues Team nicht hinaus.

„Wir müssen mit dem Punkt leben und können damit leben“, sagte VfL-Trainer Dieter Hecking, der an seinem 51. Geburtstag nichts zu feiern hatte. Drei Tage vor dem Start in die Champions League gegen ZSKA Moskau fehlte es den Gästen am 70. Jahrestag des Vereins auffällig an Dynamik, Elan und Einfallsreichtum im Angriffsspiel.

Die Ingolstädter verdienten sich vor 14.092 Zuschauern mit großem Einsatz und mutigen Aktionen den ersten Heimpunkt in der Bundesliga mehr als redlich. „Das war ein absolut tolles Spiel meiner Truppe gegen einen Gegner, der Champions League spielt und um die deutsche Meisterschaft mitspielt“, erklärte FCI-Coach Ralph Hasenhüttl. Mit acht Zählern liegt Wolfsburg nach vier Spieltagen nur knapp vor dem Aufsteiger, der mit sieben Punkten hervorragend gestartet ist.

Hecking hatte die Neuzugänge Draxler und Dante gleich in die Startelf gestellt. Der für rund 36 Millionen Euro verpflichtete Draxler suchte noch die Bindung zu den neuen Kollegen. Er konnte auf seiner Wunschposition zentral im Mittelfeld auf Anhieb das Angriffsspiel erwartungsgemäß nicht so prägen, wie das Vorgänger De Bruyne mit seiner enormen Dynamik getan hatte. Weltmeister André Schürrle setzte bei seinem ersten Startelf-Einsatz der Saison überhaupt keine Akzente.

Mit viel läuferischem Aufwand agierte Ingolstadt auf Augenhöhe in einem Spiel, in dem Torraumszenen und Schüsse eine Rarität waren. Einen Stellungsfehler von Ingolstadts Kapitän Marvin Matip musste Ramazan Özcan ausbügeln. Der Torwart klärte vor Draxler (10.). Aufregendste Aktion war ein Zweikampf zwischen Dante und Lucas Hinterseer, bei dem der FCI-Angreifer zu Boden ging, aber für einen Foulelfmeter reichte der Schubser von Dante nicht. Der vom FC Bayern verpflichtete Brasilianer stand im Abwehrzentrum neben seinem Landsmann Naldo stabil. „Dante war absolut souverän“, lobte Hecking.

Nach dem Seitenwechsel schaltete der Favorit aus dem untertourigen Kontrollmodus einen Gang höher. Draxler kam nun mehr ins Spiel und zwang Ingolstadts Schlussmann Özcan bei einem kraftvollen Schuss aus 17 Metern zur ersten Glanztat der Partie (64.). Kurz darauf kam Nationalspieler Max Kruse für den wirkungslosen Schürrle, Draxler rückte auf den linken Flügel. Danach zog Hecking mit Nicklas Bendtner für Dost auch noch seinen zweiten Offensiv-Joker (71.).

Ingolstadt stand hinten insgesamt kompakt, belohnte sich mit dem schon dritten Zu-Null-Spiel für den hohen Kraftaufwand. Wolfsburg hatte noch eine gute Freistoßmöglichkeit, aber der fehlerlose Özcan parierte auch den Schuss von Naldo (84.).

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