Kolumne Die Kriegsreporterin: Kein Penis, kein Chef

Die ARD will die Frauenquote der „Tatort“-Regisseure auf 20 Prozent erhöhen? Silke Burmester zahlt ab sofort nur noch 20 Prozent Rundfunkbeitrag.

Streichhölzer mit blauem Kopf umringen eins mit rotem

Geben doch alle Feuer, oder? Ach so, aber: Einer ist länger. Foto: sör alex / photocase.de

Hallo taz-Medienredaktion! Es ist noch nicht lange her, da konnte man die Bedeutung eines Mediums auch an der Zahl seiner Auslandskorrespondenten ablesen. Das ist vorbei. Die Büros werden dichtgemacht, stattdessen gelten Regionalseiten als der neue, heiße Scheiß. Rheinland-Pfalz ist der neue Kongo.

Nachdem auch der Spiegel auf den Zeit-Provinz-Zug aufspringt, habe natürlich auch ich überlegt, auf „regional“ zu machen, schließlich will ich ja auch hip sein. Dann aber fiel mir der Kinderspruch ein „Nachmacher-Ich kann das nich!“ und ich dachte, och nö, das ist dann doch zu billig. Mach ich doch lieber Frauenseiten! Und so freue ich mich, mit tollen, aktuellen Fakten aus dem Notstandsgebiet „Frauen“ aufwarten zu können.

Wir erinnern uns: Frauen, das sind die Menschen, die keine Chefposten bekommen, weil sie keinen Penis haben. Auch keinen kleinen. Letzte Woche nun hat Pro Quote, der Verein, der dafür kämpft, dass Menschen trotz einer Vagina auf dem Chefstuhl Platz nehmen dürfen, die Ergebnisse seiner Emnid-Umfrage veröffentlicht, deren Kern das Hamburger Abendblatt mittels der hübschen Überschrift „Die Deutschen unterstützen die Frauenquote“ benannte.

Recht lustig ist, dass kurz vor der Pressekonferenz der Chefredakteur des Kress-Report, Bülend Ürük, seinen „Kommentar“ zu Pro Quote veröffentlichte, in dem er dem Verein unter anderem vorwirft, kein Mentoring und keine Frauenförderung zu betreiben. Was nicht nur schlicht nicht das Ziel des Vereins ist, sondern ähnlich dämlich, wie dem Deutschen Roten Kreuz vorzuwerfen, keine Blumenbeete anzulegen. Zumal es für Themen wie Mentoring etwa den „Journalistinnenbund“ gibt. Mit dem Pro Quote eng zusammenarbeitet. Ach ja, die Herren! Nicht nur, dass sie wieder wissen, dass „Pro Quote neue Ziele braucht“, nein, sie überlegen sich gleich die ganze Ausrichtung neu. Toll!

Dankbar für die Brotkrumen

Das ist fast so toll, wie wenn die ARD als Reaktion auf den Druck des Schwestervereins Pro-Quote-Regie letzte Woche verkündet, in den nächsten drei Jahren 20 Prozent der „Tatort“- und „Polizeiruf 110“-Folgen von Frauen drehen zu lassen, und dafür Lob erwartet. Den sie dann auch von jenen Frauen bekommt, die es gewohnt sind, für die Brotkrumen dankbar zu sein, die die Herren in väterlicher Manier vom Tisch fallen lassen. 20 Prozent! Zwei von zehn Filmen!

Dass die ARDler sich überhaupt trauen, dieses „Ergebnis“ ihrer Intendantentagung zu verkünden. Dass sie die Chuzpe haben, mir, die ich ihre goldenen Ärsche ebenso wie das Programm finanziere, so ein erbärmliches, peinliches und beschämendes Ergebnis vorzulegen! Mir ist der Platz hier zu schade, die Namen von x geeigneten Regisseurinnen zu nennen, auf dass die Hälfte dieser Filme von Frauen gemacht werden könnte. Kleine Frage an die Intendantenrunde: Vor dem Hintergrund welcher Qualifikation haben Sie Ihren Posten erhalten?

Und Ihr, liebe Damen von Pro-Quote-Regie, wer hat euch ins Hirn geblasen, dafür in eurer Erklärung auch noch Anerkennung zu zeigen? Natürlich nur einleitend, damit Ihr dann – Diplomatie! Diplomatie! – mehr fordert. Könnt Ihr mal bitte auf diese Arschkriecherei verzichten und Eier zeigen! Dicke, fette Eier und sagen: Scheiße, das ist ja wohl das Hinterletzte! ZWANZIG PROZENT!?!

Manchmal wundere ich mich, dass wir Frauen nicht jeden Tag auf die Knie fallen müssen, weil wir überhaupt am öffentlichen Leben teilhaben dürfen. „Langfristig“ wolle die ARD den Anteil erhöhen. Vielleicht, so denke ich, zahle ich ab sofort nur noch 20 Prozent Rundfunkbeitrag. Ich kann den ja langfristig erhöhen. Zu 80 Prozent sauer zurück nach Berlin!

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Silke Burmester war über 25 Jahre schreibende Journalistin. Von Anfang an auch für die taz. Hier hat sie u.a. Carla Brunis geheimes Tagebuch veröffentlicht und als „Die Kriegsreporterin“ von der Medienfront berichtet. Jetzt hat sie beschlossen, Anführerin einer Jugendbewegung zu werden und www.palais-fluxx.de für Frauen ab 47 gegründet, das "Onlinemagazin für Rausch, Revolte, Wechseljahre“. Für die taz wird sie dennoch ab und zu schreiben, logo!

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.