Flüchtlinge in Mittel-Ost-Europa: Im Labyrinth der Grenzen

Nach und nach sind die Kapazitäten von Kroatien und Slowenien erschöpft. Kroatien leitet Flüchtlinge nach Ungarn um. Ungarn weitet die Notstandszone aus.

Flüchtlinge nahe der kroatischen Grenzstadt Tovarnik.

Stecken fest: Flüchtlinge nahe der kroatischen Grenzstadt Tovarnik. Foto: ap

ZAGREB/BERLIN dpa/ap/taz | Zehntausende Flüchtlinge lassen sich auf ihrem Weg nach Westeuropa nicht von geschlossenen Grenzen aufhalten. Obwohl Kroatien sieben Grenzübergänge zu Serbien dicht machte, kamen in dem EU-Land auf der neuen Hauptfluchtroute bisher rund 14.000 Migranten an, wie die Polizei am Freitag mitteilte.

Viele schlugen sich auf beschwerlichen Wegen zu Fuß nach Kroatien durch. Aus Mazedonien kämen weiter jeden Tag im Schnitt bis zu 2.000 Menschen nach Serbien, berichtete die Zeitung Danas in Belgrad unter Berufung auf Helfer.

Weiter nördlich in Beli Manastir warteten nach Berichten von Medien und Helfern rund 8.000 Flüchtlinge, um in Richtung Slowenien reisen zu können. Sloweniens Regierungschef Miro Cerar sagte dem Fernsehsender RTV Slo, sein Land dürfe niemanden durchlassen, der die Bedingungen für die Einreise in den Schengen-Raum nicht erfülle. Daher stoppte das Land den internationalen Zugverkehr – zunächst bis 18.00 Uhr.

Kroatiens Regierungschef Zoran Milanovic will die in sein Land drängenden Menschen nun nach Ungarn umleiten. Sein Land schaffe es nicht mehr, sie zu registrieren. Wie die Nachrichtenagentur AP meldete, haben die ungarischen Behörden eine große Gruppe Migranten von Kroatien aus bereits ins Land gelassen. 19 voll besetzte Busse fuhren am Freitag in die ungarische Grenzstadt Beremend, wo die Flüchtlinge in ungarische Busse umgeladen wurden, wie AP-Reporter vor Ort beobachteten. Wohin sie gebracht werden sollten, war zunächst nicht klar.

Allerdings baut die ungarische Regierung nun auch an der Grenze zu Kroatien einen Zaun, um – wie bereits an der Grenze zu Serbien – Flüchtlinge abzuhalten. Im kroatischen Grenzort Tovarnik ist die Lage chaotisch. Eine österreichische Helferin berichtete im ORF von Familien, die auseinandergerissen wurden und von drei Menschen, die gestorben seien.

Internetzugang für Flüchtlinge

Der Kommunikationskonzern Telekom Slovenije teilte am Freitag mit, dass dem Roten Kreuz 2.000 Simkarten für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt werden. Außerdem will das Unternehmen an den slowenischen Notunterkünften kostenlose Wlan-Hotspots einrichten. Im Auftrag der slowenischen Behörden errichten die Katholischen Pfadfinder mehrere Zeltstädte entlang der Grenze zu Kroatien.

Da die meisten Flüchtlinge nahe Brežice nach Slowenien kommen, wird das erste Zeltlager, das etwa 300 Personen aufnehmen soll, dort aufgebaut. Nach Informationen des Innenministeriums hat bis jetzt kein aus Kroatien kommender Flüchtling einen Asylantrag in Slowenien gestellt.

Budapest weitete den Notstand auf vier Gebiete im Süden aus, die an Kroatien, Slowenien und Österreich grenzen. Das berechtigt die Behörden zu besonderen Maßnahmen gegenüber Flüchtlingen. Seit Dienstag gilt der Krisenfall für zwei Bezirke an der Grenze zu Serbien. Der dortige Grenzzaun hatte viele Flüchtlinge veranlasst, eine neue Route in Richtung EU zu nehmen.

Steinmeier in der Türkei

Unterdessen bot Außenminister Frank-Walter Steinmeier der Türkei weitere Hilfe bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise an. Bei einem Besuch in Ankara lobte er den Nato-Partner für die Aufnahme von um die zwei Millionen Menschen allein aus Syrien. Wichtig sei es, eine „Rückkehr-Perspektive“ zu ermöglichen. Ziel ist es zu verhindern, dass sich noch mehr Flüchtlinge auf den Weg nach Europa machen. Die Türkei hat mehr als 2,3 Millionen Menschen aufgenommen, auch aus dem Irak und Afghanistan. Viele wollen inzwischen weiter nach Europa.

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) zeigte sich überzeugt, dass die Deutschen die Ankunft der Flüchtlinge in 20 Jahren rückblickend positiv bewerten werden. Damit die Ankunft der Schutzsuchenden zu einer Bereicherung für die alternde deutsche Gesellschaft werden könne, müsse aber klar sein, „dass bei unserem Zusammenleben hier unsere Regeln für alle gelten“.

In Bayern werden immer mehr mutmaßliche Schleuser festgenommen. Fast 800 Menschen, die Flüchtlinge illegal über die Grenze gebracht haben sollen, sitzen dort inzwischen in Untersuchungshaft, berichtete das Justizministerium in München.

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