Leuchten der Menschheit: Hallo, wer meckert denn da?

25 Jahre Deutsche Einheit und die Streuung des gefühlten Glücks: Berlin und Hamburg kommen da laut Studien am besten weg.

An der Autobahn nach Berlin. Foto: ap

Aus den beiden parallelen Gesellschaften, den bis heute notdürftig zusammengeflickten Realitäten Berlins, macht auch die Verkehrsbeschilderung kein Hehl. Sie bietet bei der Autobahnabfahrt einfach zwei Zentren zur Anfahrt an. „Berlin Zentrum (Alexanderplatz)“ oder „Berlin Zentrum (Zoo)“. Eines für den alten Osten (Alexanderplatz), eines für den alten Westen (Zoo). Laissez faire an der Spree.

In Mitte, im geografischen Zentrum, befinden sich Business, Politik und Touristen ob dieser zwei Halbwelten seltsam entrückt. Berlin sei das glücklichste der ostdeutschen Bundesländer, stellte die Gemeinnützige Hertie-Stiftung in einer umfangreichen Studie im letzten Jahr fest (“Die Hauptstädter“, Frankfurt am Main 2014).

Das heißt, Berlin rangiert in der Bundesländer-Zufriedenheitsliste genau zwischen Ost und West auf dem sechsten Rang. Mehr zu meckern über Arbeit, Leben und Politik hat man nur in den östlichen Flächenbundesländern.

Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Sachsen. Am Glücklichsten ist man laut Hertie-Studie, nein, nicht in Bayern, sondern in Hamburg. Aber auch dort, so glauben führende Hauptstadtjournalisten wie Thomas Roth aktuell in den „Tagesthemen“, wachse das Meckerpotenzial.

Das nennt man Intuition

Natürlich. Die Flüchtlinge. Wo Gauck, der (ost)deutsche Bundespräsident die Grenzen der Belastbarkeit erreicht sieht, mag der ein oder andere Journalist nicht abseits stehen. Das nennt man Intuition. Das Belastungsgemecker beginnt sich medial auszubreiten. Die wackeren Kollegen vom „heute journal“ (aus Mainz!) halten noch dagegen.

Ebenso erhebt Paul Nolte Einspruch. Der Historiker hat gerade einen pointierten Demokratieratgeber veröffentlicht (“Demokratie. Die 101 wichtigsten Fragen“, C. H. Beck Verlag, 2015). Und widerspricht im Deutschlandfunk dem Historiker Heinrich August Winkler, der sich wohl auch schon überlastet sieht. „In der Flüchtlingsfrage gibt es keine objektiven Grenzen unserer Aufnahmefähigkeit“, so Nolte – ein 1963 geborener, aufgeklärter Konservativer.

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Andreas Fanizadeh, geb. 1963 in St.Johann i.Pg. (Österreich). Leitet seit 2007 das Kulturressort der taz. War von 2000 bis 2007 Auslandsredakteur von „Die Wochenzeitung“ in Zürich. Arbeitete in den 1990ern in Berlin für den ID Verlag und die Edition ID-Archiv, gab dort u.a. die Zeitschrift "Die Beute" mit heraus. Studierte in Frankfurt/M. Germanistik und Politikwissenschaften.

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