Flügelschlagen bei der SPD

Nach dem Rückzug von Franz Müntefering kracht es auch bei den Sozialdemokraten in der Hansestadt. Zwei Hamburger Bundestagsabgeordnete gehen munter aufeinander los, SPD-Landeschef Mathias Petersen rügt beide

von Marco Carini

Die Wellen, die die Wahl von Andrea Nahles zur designierten SPD-Generalsekretärin und die postwendende Abtrittsankündigung von Franz Müntefering in Berlin geschlagen haben, sind ohne Verzögerung in der Hamburger SPD angekommen. Unmittelbar nach dem Berliner Desaster ging der SPD-Bundestagsabgeordnete des Kreises Mitte, Johannes Kahrs, mit ungebremster Wucht auf seinen Eimsbütteler Bundestagskollegen Niels Annen los.

Annen und andere hätten „Müntefering wissentlich und kalkuliert den Dolch in den Rücken gerammt“, bellte Kahrs als Sprecher des Seeheimer Kreises, der Vereinigung der Parteirechten. Seinem Intimus Thomas Stölting überließ er es, noch einen draufzusetzen und die Abberufung Annens aus dem SPD-Bundesvorstand zu fordern. Der SPD-Landesvorständler Stölting, wie Kahrs Mitglied der SPD Mitte, sah den Parteilinken Annen dabei als Mitorganisator eines „Putsches gegen Müntefering“.

Der so Angegriffene schlug gestern, in der Wortwahl diplomatischer, zurück: „Einen Dolchstoß hat es nie gegeben und meine Kritiker sollten darauf achten, die Gräben nicht weiter zu vertiefen.“ Andere Hamburger SPD-Linke werden da deutlicher: „Kahrs‘ Stil ist eine Katastrophe, Stöltings Forderung absurd.“

Für einen Rückzug aus dem Bundesvorstand sieht Annen keinen Grund: „Ich wurde von der Hamburger SPD für dieses Gremium nominiert, obwohl oder gerade weil ich aus meiner Haltung nie einen Hehl gemacht habe.“ Der Vorstand, dem Annen bereits angehört, soll übernächstes Wochenende auf dem Karlsruher Parteitag neu gewählt werden. Um Annens Wiederwahl in Frage zu stellen, müsste der SPD-Landesvorstand ihn zuvor als Hamburger Bundesvorstandsverteter zurückziehen.

SPD-Landeschef Mathias Petersen kündigte bereits eine Sondersitzung des Vorstands an, die Ende kommender Woche stattfinden soll. Gleichzeitig kritisierte Petersen Annens Eintreten für Nahles scharf: „Ich bin entsetzt über das Verhalten derjenigen im Bundesvorstand, die Müntefering das Vertrauen entzogen haben. Das war falsch und dumm.“ Wer „so abstimmt und sich später über die Folgen wundert, hat nicht die Professionalität, in der SPD ein Führungsamt zu übernehmen“, betonte Petersen gegenüber der taz.

Von einem Putsch könne aber nicht die Rede sein, „da Annen dem SPD-Landesvorstand deutlich gemacht hat, dass er für Nahles eintritt und keiner von uns ihn zurückgepfiffen hat“. Deshalb seien auch Kahrs‘ verbale Attacken „nicht gerade hilfreich“ gewesen.