Finanzierung des Atomausstiegs: Atomschreck Trittin mischt mit

Als Umweltminister verhandelte Trittin über den Atomausstieg. Nun soll er sicherstellen, dass Betreiber für AKW-Abrisse und Endlagerung zahlen.

Jürgen Trittin guckt über die Schulter,

Einst Feindbild der Union, darf Trittin jetzt die Folgekosten der Atomkraf untersuchen (Archivbild 2013). Foto: reuters

BERLIN taz | Es klingt wie eine Zeitreise ins Jahr 2000: Über die finanzielle Zukunft der Atomkonzerne entscheidet ab sofort wieder Jürgen Trittin. Unterstützt wird der Exumweltminister der Grünen vom ehemaligen Hamburger CDU-Bürgermeister Ole von Beust und dem früheren Brandenburger SPD-Ministerpräsidenten Matthias Platzeck. Gemeinsam leiten sie eine Kommission, die die Finanzierung des Atomausstiegs überprüfen soll. Das beschloss das Bundeskabinett am Mittwoch.

Auch ansonsten finden sich unter den 19 Mitgliedern der Kommission viele, die bereits im letzten Jahrtausend mit dem Thema befasst waren, etwa Monika Griefahn, Ex-Greenpeace-Vorstand und Ex-SPD-Ministerin, oder Gerald Hennenhöfer, der wegen seines Wechsels von der Atomaufsicht zu einem Atomkonzern und zurück umstritten ist. Dazu kommen Vertreter der Wirtschaft, der Kirche, von Umweltorganisationen, Gewerkschafter sowie Abgeordnete von Union, SPD und Grünen. Die Linke ist nicht vertreten.

Wie sich die Rückstellungen der Konzerne für den Abriss der AKWs und die Endlagerung des Atommülls dauerhaft sichern lassen, darüber dürften die Ansichten in diesem Kreis weit auseinandergehen. Das ahnt auch Trittin, der als Bundesumweltminister zunächst als Atom-Schreck galt, dann aber mit dem Konzernen im Konsens den Ausstieg regelte. „Die Kommission wird für alle eine Herausforderung“, sagte er.

Ziel sei auch diesmal wieder „ein möglichst breiter Konsens“. Mit konkreten inhaltlichen Aussagen hielt er sich am Mittwoch zurück; in der Vergangenheit hatte Trittin sich für die Überführung der finanziellen Rückstellungen der Konzerne in einen öffentlich-rechtlichen Fonds ausgesprochen. Das lehnen die Betreiberkonzerne aber strikt ab.

„Eltern haften für ihre Kinder“

Die Kommission soll bis zum Februar 2016 Empfehlungen ausarbeiten, über deren Umsetzung dann der Bundestag entscheidet. Bereits zuvor soll dort ein Gesetz verabschiedet werden, mit dem den Unternehmen die Möglichkeit genommen wird, der Haftung für ihre AKWs zu entgehen, indem sie diese in eine Tochtergesellschaft auslagern.

Eon darf seine Atomsparte nicht so einfach ausgliedern

Den Entwurf dafür verabschiedete das Kabinett am Mittwoch. „Das Gesetz steht unter der Überschrift ‚Eltern haften für ihre Kinder‘ “, erklärte Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD). „Es stellt sicher, dass Muttergesellschaften für die Verbindlichkeiten ihrer Töchter für Rückbau- und Entsorgungskosten langfristig haften.“

Unmittelbar davon betroffen ist Eon, der seine Reaktoren in ein neues Unternehmen namens Uniper überführen wollte. Diesen Plan hatte Eon zurückgenommen, nachdem Gabriel das Gesetz angekündigt hatte. Allerdings wird das Unternehmen trotzdem aufgespalten, so dass sich das Vermögen, das für die Finanzierung der Atomlasten zur Verfügung steht, dennoch verringert. Die Grünen kritisierten darum, das neue Gesetz habe bereits „eine Lücke“.

Atomkraftgeger stellten zudem infrage, ob die bisher angesetzten Kosten für Rückbau und Endlagerung überhaupt ausreichen. Zumindest dafür gibt es in der Kommission einige Kompetenz: „Matthias Platzeck und Ole von Beust sind ausgewiesene Kenner von Kostenexplosionen bei Großprojekten“, stichelte Jochen Stay von der Initiative Ausgestrahlt, „Stichwort Elbphilharmonie und Hauptstadtflughafen.“

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