Korruption im Kosovo: Streitobjekt Autobahn

Die EU-Rechtsstaatsmission Eulex geht endlich gegen Korruption im Kosovo vor. Der Anlass: Verdacht auf Veruntreuung von 80 Millionen Euro im Rahmen eines Autobahnprojekts.

Straße in der Nähe von Dremjak, Kosovo. Bild: reuters

Spät, aber immerhin. Endlich wird gegen die Korruption im Kosovo vorgegangen. Die EU-Rechtsstaatsmission Eulex, die seit Herbst 2008 mit 2.000 Mitarbeitern vor Ort ist, macht Ernst mit der Untersuchung von Korruption und Vetternwirtschaft. Kosovo hatte sich am 17. Februar 2008 für unabhängig erklärt.

Ins Visier von Eulex ist der bisherige Verkehrsminister Fatmir Limaj geraten. Dem 38-Jährigen wird vorgeworfen, in Geldwäsche, organisierte Kriminalität und Bestechung verwickelt zu sein. Bei einer großangelegten Razzia im Verkehrsministerium Ende April soll Material sichergestellt worden sein, das die Veruntreuung von 80 Millionen Euro im Rahmen eines Autobahnprojekts beweisen könnte, berichtete am vergangenen Wochenende die regierungsunabhängige Zeitung Koha Ditore. Und das, obwohl Limaj versucht hatte, vor der Razzia wichtige Dateien in den Computern seines Ministeriums löschen zu lassen.

Limaj war ein ehemaliger Kämpfer der UÇK, der Kosova-Befreiungsarmee, und galt bisher als unantastbar. Er gehört zu den Vertretern einer neuen Klasse, die sich nach den Nato-Angriffen auf Serbien seit 1999 Macht und Privilegien in dem wirtschaftlich darniederliegenden Staat gesichert hatte. Der innere Zirkel der ehemaligen Kämpfer hat es nach Ansicht von Vertretern der Eulex bisher verstanden, sich nicht nur zu bereichern, sondern sich durch ihre Machtstellung im Staate auch gegen Strafverfolgung abzusichern. Vertreter der örtlichen Staatsanwaltschaften und auch Polizisten wurden unter Druck gesetzt, Zeugen im Stile der Mafia eingeschüchtert.

Die ehemaligen UÇK-Kämpfer sind in zwei Parteien organisiert, der Demokratischen Partei (PdK) unter Führung des Ex-Guerilla-Führers Hashim Thaci und der Allianz für den Fortschritt (AAK) unter Führung eines seiner Kommandeure, Rramush Haradinaj, der nach 2004 kurzzeitig Ministerpräsident war. Beide Parteien sind auf ihre Vorsitzenden ausgerichtet, die sich seit 2004 in einem Machtkampf befinden. Die seit Dezember 2007 regierende PdK, der Limaj angehört, hat sich als die stärkere Kraft herausgestellt.

Die Vorwürfe gegen Limaj bringen Premier Thaci in eine unangenehme Lage. Einerseits hat er den internationalen Institutionen versprochen zu kooperieren und damit den Aufbau eines Rechtsstaates zu befördern. Andererseits aber muss er die Interessen seiner ehemaligen Mitkämpfer berücksichtigen und sich ihnen gegenüber loyal verhalten, will er als politischer Führer seiner Partei überleben.

Die wirkliche Unabhängigkeit des Kosovo würde dann beginnen, wenn die Herrschaft der UÇK-Mafia gebrochen werde, hatten kurz nach der Unabhängigkeit Vertreter der Zivilgesellschaft und viele Bürger von der Eulex gefordert.

Immer mehr Menschen hätten nun den Mut, sich gegen die Herrschaft der UÇK-Parteien aufzulehnen und rechtsstaatliche Verhältnisse zu fordern, erklärt Shpend Ahmeti, Leiter des Instituts für wirtschaftliche Studien in Prishtina. Er fordert die Eulex auf, vor allem die kosovarischen Gerichte, Staatsanwaltschaften und Polizeikräfte zu stärken, um eine nachhaltige Entwicklung einzuleiten. An dieser Unterstützung habe es bisher gemangelt. Die schlechte Bezahlung kosovarischer Richter, Staatsanwälte und Polizisten mache sie korruptionsanfällig, erklärten Vertreter der Zivilgesellschaft.

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