Kommentar Halloween: Ein Fest zum Gruseln

Halloween ist Kommerz pur und nur cool, weil das Fest aus „Amerika“ kommt. Ist es kindgerecht, 4-Jährige als Zombie zu verkleiden?

Ein beleuchteter Halloween-Kürbis

Die hässliche Fratze des Kapitalismus. Foto: dpa

Halloween wird immer gruseliger. Nicht weil die Kostüme von Jahr zu Jahr schauriger werden – sondern weil sich dieser hohle, kommerzialisierte Brauch in Deutschland immer stärker durchsetzt.

Schauerlich ist, wie leicht sich die Massen von der Süßwarenindustrie, Kostümherstellern und Gossensendern wie RTL manipulieren lassen. Die Fachgruppe Karneval im Deutschen Verband der Spielwarenindustrie räumt freimütig ein, dass sie es war, die ab 1994 Halloween aus den USA importiert habe. Um ihre Saison zu verlängern und den Umsatz zu steigern.

Unkritische Medien haben die jährlichen Pressemitteilungen der Kostümhersteller zu dem Grusel-Fest aufgegriffen - und die Süßwarenindustrie sprang auf den Zug auf. Tausende Händler - allen voran die großen Kaufhäuser - schwatzten den Leuten Spinnennetzkostüme, Hexenschminke und Gruselplastikkram aus Billiglohnländern auf. Zuvor war das Event in Deutschland nahezu unbekannt gewesen.

Die meisten Halloween-Fans hierzulande gehen also einer Werbekampagne auf den Leim. In den USA hat das Fest eine Tradition, die auf irische Einwanderer zurückgeht. In Deutschland ist es komplett hohl, sein Kern ist Kommerz pur.

Die Süßwarenindustrie verkauft dieses Jahr 66 Prozent mehr speziell für Halloween gestaltete Süßigkeiten als 2014. Der Umsatz liege bei gut 10 Millionen Euro, teilte der Branchenverband BDSI am Donnerstag mit.

Die Verbraucherzentrale Hamburg macht allerdings darauf aufmerksam, dass Halloween-Süßigkeiten besonders „schrill“ gefärbt seien. „Rote Farbe als Blutnachbildung bei Vampirfiguren und Monstern kann E 122, E 124 oder E 127 enthalten.“ Diese Stoffe stünden im Verdacht, Aufmerksamkeitsstörungen zu verursachen. In knallgelben Produkten könne E 102 sein und „Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern“ beeinträchtigen. Und E 142 (Grün) habe im Tierversuch Erbgutschäden verursacht.

Das Halloween-Fest wird dieses Jahr am Samstag gefeiert. (jma)

Laternenumzüge sind auch überkonfessionell

Was es aber nicht ist: kindgerecht. Trotzdem werden sogar 4-Jährige als kreidebleiche, blutüberströmte Zombies verkleidet. Und animiert, bei wildfremden Leuten an der Wohnungstür zu klingeln, um Zuckerbomben zu erbetteln, die oft auch noch umstrittene Lebensmittelfarben enthalten.

Das neuste Argument der Halloween-Fraktion ist, dass das Fest zur interreligiösen Verständigung beitrage, weil es etwa für Moslems und Christen gleichermaßen akzeptabel sei. Mag sein. Aber auch beim Laternenlaufen - einem weitgehend säkularisierten Brauch - können alle Religionen dabei sein. Doch dafür lässt sich nicht so viel verkaufen. Und Laternenumzüge haben wir ja auch nicht aus dem coolen „Amerika“.

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Jahrgang 1974. Er schreibt vor allem zu Ernährungsfragen – etwa über Agrarpolitik, Gentechnik, Pestizide, Verbraucherschutz und die Lebensmittelindustrie. 2022 nominiert für den Deutschen Reporter:innen-Preis 2022 in der Kategorie Essay, 2018, 2017 und 2014 Journalistenpreis "Grüne Reportage". 2015 "Bester Zweiter" beim Deutschen Journalistenpreis. 2013 nominiert für den "Langen Atem". Bevor er zur taz kam, war er Redakteur bei der Nachrichtenagentur Reuters und Volontär bei der Süddeutschen Zeitung.

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