Kommentar Flüchtlingspolitik: Das Recht, nein zu sagen

Man kann eine Begrenzung der Flüchtlingszuwanderung fordern, ohne wie die AfD zu klingen. Deutschland kann nicht Endstation Nummer eins sein.

Kinder laufen neben goldglänzenden Wärnefolien her, die an ein Brückengeländer montiert sind

Nicht alles ist Gold, was glänzt – und Deutschland noch lange kein weltoffener Staat. Foto: dpa

Es ist ein Trauerspiel, dass in der Linken keine aktuelle Diskussion über die Flüchtlingszuwanderung stattfindet. Dabei kann man eine Begrenzung der Einreisezahlen fordern, ohne zu klingen wie die AfD oder Horst Seehofer. Zumal man gleichzeitig über eine faire Verteilung der Kosten der Zuwanderung reden muss. Letzteres wird im Moment eher verschwiegen.

Derzeit überqueren mehr als 5.000 Menschen jeden Tag die Grenze, das macht hochgerechnet 1,8 Millionen Leute im Jahr. Wenn die Hälfte langfristig bleiben darf, wären in zwei Jahren 2,7 Millionen Menschen mehr im Land. Jeder Flüchtling kostet ungefähr 10.000 Euro im Jahr, rein rechnerisch wären das 27 Milliarden Euro Kosten. Die Jobintegration dauert viele Jahre, sagen Sozialforscher voraus. Es sind also viele Menschen über eine lange Zeit mitzufinanzieren.

Das Problem dabei sind die hohen Zahlen. Natürlich haben die Millionen Flüchtlinge in und aus den Kriegs- und Krisengebieten ein Recht, nach Deutschland kommen zu wollen. Aber genauso muss man in Deutschland das Recht haben, irgendwann nein zu sagen. Wir können in der EU nicht fast die einzige Endstation sein für Millionen Vertriebene und Verfolgte aus dem Nahen Osten und Afrika. So was kann nicht klappen.

Der Vorschlag der CDU/CSU zielt nun darauf ab, Transitzonen einzurichten. Von denen könnte man Flüchtlinge wieder zurück in das sichere Drittland schicken, über das sie eingereist sind. Würde Deutschland solcherart nach Verweis auf die Dublin-Verordnung seine Grenzen schließen, wären alsbald alle anderen Grenzen auf der Balkanroute dicht. In Griechenland würden sofort riesige Lager entstehen. Das klingt schrecklich. Aber die Bundesregierung könnte im selben Atemzug ein jährliches Kontingent von einigen Hunderttausend Flüchtlingen aus den Lagern in Griechenland und der Türkei aufnehmen, als Bürgerkriegsflüchtlinge, mit sofortiger Arbeitserlaubnis, so wie sie es im Bosnienkrieg machte.

Deutschland sollte Kontingente festlegen und einen Flüchtlings-Soli erheben

Die begrenzte Massenaufnahme könnte durch einen „Flüchtlings-Soli“ mitfinanziert werden. Ein Flüchtlings-Soli auf den Steuerbetrag wäre ein Signal nach außen und innen: Es wird nicht gekürzt und umgeschichtet bei den Schwachen, sondern zahlen für die Flüchtlinge tun die, die mehr verdienen.

Ein solches Szenario wäre diskussionswürdig auch unter Linken, es wäre ehrlicher als die Verdächtigungen und Schikanen gegenüber Flüchtlingen aus der rechten Ecke. Moralisch punkten lässt sich damit allerdings auch nicht. Dazu ist das Thema zu beklemmend. Für alle Beteiligten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Redakteurin für Sozialpolitik und Gesellschaft im Inlandsressort der taz. Schwerpunkte: Arbeit, soziale Sicherung, Psychologie, Alter. Bücher: "Schattwald", Roman (Piper, August 2016). "Können Falten Freunde sein?" (Goldmann 2015, Taschenbuch).

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.