Fotografin Hilla Becher ist tot: Hochöfen als Kunst

Hilla Becher gründete die „Düsseldorfer Fotoschule“. Sie fotografierte Fördertürme, Silos und mehr. Mit 81 ist sie nun gestorben.

Eine Frau mit grauen Haaren steht vor einer Wand mit Fotografien von Kühltürmen

Hilla Becher 2008 vor ihrer Serie „Kühltürme“ in einem Museum in Paris. Foto: dpa

BERLIN taz | So begann die sogenannte Düsseldorfer Schule tatsächlich: Die 1934 in Potsdam geborene Hilla Wobeser unterrichtete in ihrem Einführungskurs an der Kunstakademie Düsseldorf den Studenten Bernd Becher. Das war 1958. Die ausgebildete Fotografin hatte sich an der Akademie eingeschrieben und das Angebot erhalten, ein Fotolabor einzurichten, um die Kommilitonen mit der Fototechnik bekannt zu machen.

Hier begann die gemeinsame Arbeit, die Bernd und Hilla Becher wie sie nach ihrer Heirat 1961 hießen, zu einem weltweit berühmten Markenzeichen machte. Die Kombination von Hillas Wissen um die dokumentarischen Möglichkeiten der Fotografie und Bernds Sorge um die in ihrem Bestand gefährdeten Fachwerkhäuser seines heimatlichen Siegerlands führte zu einer Bilderserie, in der exakte Fototechnik und rigoroses ästhetisches Programm zusammenkamen.

Mit diesen Aufnahmen hatten die Tochter aus großbürgerlichem Haus und der Sohn eines Siegerländer Dekorationsmalers ihren Stil und ihr Thema gefunden. Sie fotografierten die untergehende Schwerindustrie des Ruhrgebiets, des Saarlands, schließlich Belgiens, Nordfrankreichs und dann der übrigen Welt. Immer Schwarzweiß, immer in standardisierten frontalen und perspektivischen Sichten, die dann in großen Tableaus zusammengeführt wurden.

Aus der anfangs wenig beachteten, anonymen Architektur entwickelten sich mit dem immer deutlicher hervortretenden Stilwillen der beiden die viel beachteten anonymen Skulpturen des Becherschen Oeuvres. Ein Goldener Löwen der Biennale von Venedig krönte 1990 ihr Werk. Bernd und Hilla Becher hatten die Dokumentation in den Rang der Kunst gehoben. Mit ihrer veränderten Wahrnehmung der Industriearchitektur hatten sie in vielen Fällen den gefährdeten Baudenkmalen geholfen und gleichermaßen die Emanzipation der Fotografie im Kunst- und Museumskontext befördert.

Zu dieser Zeit sprach man dann auch schon von der Düsseldorfer Becherschule, mit Absolventen wie Thomas Ruff, Andreas Gursky oder Candida Höfer. Bernd Becher war schon seit 1976 Professor an der Akademie, die wirkliche Stifterin ihrer Schule aber war Hilla Becher. Ihr Wunsch „zu den wahren Quellen der Fotografie zurückzukehren“ wie sie einmal Le Monde sagte, speiste einen ganz neuen Verlauf der Fotografie. Acht Jahre nach ihrem Mann ist Hilla Becher im Alter von 81 Jahren am Samstag in Düsseldorf gestorben.

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