Flüchtlinge in Slowenien: Klage über inhumane Lager

NGOs werfen Slowenien Menschenrechtsverletzungen vor. In einigen Auffanglagern herrschen unmenschliche Bedingungen.

Eine Rot-Kreuz-Helferin gibt Flüchtlingen einzelne Brotscheiben durch einen Zaun

Nicht selten war das in den vergangenen Tagen die einzige Mahlzeit in 24 Stunden für die Flüchtlinge. Foto: dpa

LJUBLJANA taz | In ungewöhnlicher Schärfe haben sich am Donnerstag slowenische NGOs an die Öffentlichkeit und an die Regierung des Landes gewandt. In einem offenen Brief werfen die Gruppen den slowenischen Behörden schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Hauptkritikpunkt sind die teilweise katastrophalen Bedingungen in den Auffanglagern Dobova, Brežice und dem inzwischen geschlossenen Rigonce an der slowenisch-kroatischen Grenze und Šentilj gegenüber dem österreichischen Spielfeld.

Zu den Unterzeichnern gehören praktisch alle humanitär tätigen Organisationen, außer dem Roten Kreuz und der Caritas, die die offiziellen Partner des slowenischen Zivilschutzes sind. Sie beklagen in ihrem Schreiben neben unakzeptablen hygienische Bedingungen die unzureichende Versorgung der Flüchtlinge mit Lebensmitteln.

Ebenso prangern die NGOs an, dass zahllose Menschen über lange Zeiträume im Freien verbleiben, was bei zunehmend kälterem Wetter eine Gefahr für die Gesundheit oder sogar das Leben der Flüchtlinge bedeute. Verglichen wird die Situation mit den Zuständen auf Lampedusa im Jahr 2011, die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erst Anfang September diesen Jahres in einem Urteil als menschenrechtswidrige erniedrigende Umstände gewertet wurden.

Die slowenische Innenministerin Vesna Györkös Žnidar erklärte hierzu, dass niemand behaupten würde, die Zustände seien ideal, jedoch sei Slowenien ein kleines Land mit begrenzten Kapazitäten. Das mache es besonders schwierig, so viele Menschen in so kurzer Zeit zu versorgen. Dass das EGMR-Urteil explizit herausstellt, dass auch solch eine Ausnahmesituation Staaten nicht aus ihrer Verantwortung entlässt, die Menschenrechte zu achten, kommentierte Žnidar nicht.

Suche nach winterfester Unterbringung

Auch der Vorwurf, dass freiwillige Hilfsangebote von Behördenseite nur widerstrebend angenommen und oft sogar zurückgewiesen werden, blieb bislang unbeantwortet. Die NGOs kündigten an, dass sie ein Eilverfahren vor dem EGMR anstreben würden, wenn sich die Situation in den Lagern nicht nachhaltig verbessern würde.

Die slowenische Regierung bemüht sich nach eigener Auskunft derzeit darum, geeignete Quartiere zur Unterbringung von Flüchtlingen im Winter zu finden. Inwieweit das die Situation besonders an den Eingangspunkten im Süden des Landes verbessern kann, ist jedoch offen. Häufig müssen Flüchtlinge dort deshalb bis zu 24 Stunden, manchmal sogar darüber hinaus, unter freiem Himmel ausharren, weil die Behörden einen Weitertransport, Versorgung und Unterbringung erst nach abgeschlossener Registrierung ermöglichen.

Am Donnerstag erreichten weniger Menschen Slowenien als in den Tagen zuvor. Am Abend noch gingen die Behörden von weniger als 7.000 Einreisen aus. Im gleichen Zeitraum entlastete Österreich das Land mit der Übernahme von 9.000 Flüchtlingen.

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