Urteil in Frankreich: Wasserstellen für Flüchtlinge in Calais

Ein französisches Gericht hat bessere Zustände in einem Flüchtlingslager in Calais angeordnet. Sollten die Behörden dem nicht nachkommen, drohen Geldstrafen.

Improvisierte Zelte, im Vordergrund ein Mann, regnerisches Wetter.

Der „Neue Dschungel“ in Calais: Die 6.000 Menschen im Camp leben unter prekären Bedingungen. Foto: reuters

LILLE AFP | Die französische Justiz hat sofortige Verbesserungen der hygienischen Zustände im Flüchtlingslager von Calais angeordnet. Binnen einer Woche müssten die Behörden in dem Lager, in dem rund 6.000 Flüchtlinge unter höchst prekären Bedingungen leben, unter anderem zehn neue Wasserstellen und 50 Latrinen errichten, urteilte das Verwaltungsgericht im nordfranzösischen Lille am Montagabend. Hilfsorganisationen sprachen von einem „ersten Sieg“, forderten aber weitergehende Maßnahmen.

In dem als „Neuer Dschungel“ bekannten Lager sitzen am Rand der Hafenstadt Calais tausende Flüchtlinge aus afrikanischen Staaten und Krisenländern wie Syrien, Afghanistan und dem Irak fest. Die meisten von ihnen hoffen, über den Ärmelkanal oder durch den Eurotunnel nach Großbritannien zu gelangen, wo sie sich bessere Chancen auf ein gutes Leben ausrechnen.

Menschenrechtsgruppen und Hilfsorganisationen kritisierten schon lange die Zustände in dem Lager: Die Flüchtlinge leben in aus Planen, Kartons und Holz errichteten Behausungen, es gibt kaum sanitäre Infrastruktur, ein angrenzendes Hilfszentrum gibt nur eine Mahlzeit pro Tag heraus. Die Hilfsgruppen Ärzte der Welt und Caritas Frankreich klagten deswegen vor dem Verwaltungsgericht von Lille. Sie forderten, dass den „schweren Verletzungen der Grundrechte“ der Flüchtlinge ein Ende gesetzt werde.

Das Gericht ordnete nun die Einrichtung von zehn neuen Wasserstellen mit jeweils fünf Wasserhähnen an. Zudem sollen Müllsammelstellen geschaffen werden, und das Lager soll grundgereinigt werden. Dies alles muss binnen einer Woche geschehen, für jeden Tag Verzögerung werden hundert Euro Strafe fällig. Auch sollen umgehend alle minderjährigen Bewohner des Lagers erfasst und in Flüchtlingsunterkünften untergebracht werden.

Kläger nur teilweise zufrieden

Anderen Forderungen der Kläger kam das Gericht aber nicht nach: So hatten die Organisationen gefordert, leerstehende Gebäude in der Region für die Flüchtlinge herzurichten und für jeden der 6.000 Flüchtlinge zwei Mahlzeiten am Tag auszugeben. Mittelfristig wollen die Organisationen, dass das Lager ganz verschwindet.

Der Klägeranwalt Patrice Spinosi sprach deswegen zwar von einem „ersten Sieg“, das Urteil sei aber noch lange nicht „zufriedenstellend“. Es seien weitere Schritte vor Gericht möglich. Die Präfektur des Départements Pas-de-Calais zeigte sich zufrieden mit dem Urteil. Innenminister Bernard Cazeneuve habe ohnehin bereits Maßnahmen angekündigt, die über das Urteil hinausgingen, hieß es.

Die Lage in Calais hatte sich zuletzt noch verschärft. Weil die Sicherheitsmaßnahmen am Hafen und am Eurotunnel-Gelände zuletzt drastisch ausgeweitet wurden und es kaum mehr möglich ist, auf das Tunnelgelände zu gelangen, wächst die Zahl der Flüchtlinge in Calais stark an. Nach Angaben der Behörden hat sich die Flüchtlingszahl in den vergangenen Wochen auf 6.000 verdoppelt. In dem Lager ist es wegen des Herbstwetters zudem zunehmend kalt, windig und nass.

Ende Oktober hatten die Behörden bereits hunderte Flüchtlinge mit Bussen in Flüchtlingsunterkünfte gefahren, die teils weit von Calais entfernt liegen. Am Dienstag sollen weitere 300 Flüchtlinge folgen. Zugleich will die Regierung in Calais bald ein Containerlager mit Platz für 1.500 Flüchtlinge errichten.

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