Transitflüchtlinge meiden Fähren: Krise an den Grenzen fällt aus

Obwohl Fähren nur Flüchtlinge mit gültigem Pass nach Schweden bringen, ist die Situation in Lübeck entspannt. Durchreisende nehmen Landweg über Dänemark.

Flüchtlinge gehen ein Gleis auf dem Flensburger Bahnhof entlang.

Hoffen, über Dänemark nach Schweden weiterreisen zu können: Flüchtlinge im Flensburger Bahnhof. Foto: Carsten Rehder/dpa

BREMEN taz | Auf den Fähren von Lübeck-Travemünde nach Trelleborg und Malmö bleiben zur Zeit viele Plätze frei – allein 75 von 120 Plätzen am Montagabend. Die Reedereien Finnlines und TT Lines reservieren auf jedem Schiff Plätze für Flüchtlinge und die Menschen warten auch in Lübeck auf ihre Abreise, aber seit vergangenen Donnerstag nimmt Schweden offiziell nur noch Flüchtlinge auf, die einen gültigen Pass vorzeigen können. Alle anderen bleiben an Land.

„Es kommen gerade kaum Leute mit Pässen“, sagt Jana Schneider, eine Unterstützerin vom selbstverwalteten Zentrum „Alternative“ in Lübeck. Ehrenamtliche helfen seit Wochen Durchreisenden dabei, die richtige Fähre nach Schweden zu erwischen. Mehr als 14.000 Tickets haben sie schon gekauft, zur Hälfte durch Spenden finanziert, die andere Hälfte zahlten die Flüchtlinge selbst.

Trotz der strengeren Kontrollen sei die Situation in Lübeck bisher aber entspannt. „Bei uns kommt kein riesen Strom an“, sagt Schneider. Die Unterstützer am Hamburger Hauptbahnhof erzählten den Flüchtlingen von der Situation in den Fährhäfen Lübeck, Kiel und Rostock. Die Menschen suchten sich andere Routen, sagt die Helferin – vor allem von Flensburg über Dänemark. Zudem ließen die Fähren mittlerweile wieder Kinder ohne Pass an Bord, wenn sich die Eltern ausweisen könnten, sagt Schneider.

Einige Menschen schlafen seit Donnerstag auch in der Alternative. Sie hoffen, dass Schweden die Grenzen wie angekündigt nach zehn Tagen wieder öffnet. Helfer renovieren ehemalige Gebäude des Grünflächenamtes neben dem Zentrum, die sie eigens als Schlafplatz für Flüchtlinge besetzt haben.

Unter dem Dach und in einer großen Halle sind Ruheräume entstanden, mittlerweile mit der Einwilligung der Stadt. Die Wände sind mit Pressspanplatten abgedeckt, dicht an dicht stehen Hochbetten aus Metall, eine Spende der JVA Fuhlsbüttel. Rund 150 Menschen können hier schlafen.

In Flensburg kommen, seitdem Schweden die Kontrollen eingeführt hat, spürbar mehr Flüchtlinge an, sagt Nicolas Jähring von der Gruppe „Refugees Welcome – Flensburg“. „Wir sind jetzt das letzte Tor nach Skandinavien“, sagt er. Die vielen ehrenamtlichen Helfer hätten die Situation am Hauptbahnhof trotzdem im Griff.

Die Route über Dänemark galt in den vergangen Wochen als unsicher. Flüchtlinge berichteten, dass sie von dänischen Polizisten gegen ihren Willen registriert wurden. Damit verwirken sie nach EU-Richtlinien ihr Recht auf Asyl in Schweden. In den vergangenen Tagen seien solche Vorfälle aber nicht bekannt geworden, sagt Jähring.

Am Sonnabend fuhren 1.500 Menschen mit Bussen Richtung Schweden und am Sonntag noch einmal 1.000 Menschen. Alle Busse seien in der dänischen Stadt Fredericia angekommen und die Flüchtlinge hätten ihre Reise nach Malmö fortsetzen können.

Auch nach den Terroranschlägen in Paris hätten die Unterstützer bisher keine Verschärfung der Grenzkontrollen beobachtet. Schweden nehme zudem „Asylsuchende auf dem Landweg auch ohne gültige Papiere“ auf, sagt der Helfer.

Das bestätigt eine Sprecherin des schwedischen Konsulats in Berlin: „Die Grenze ist nicht hermetisch abgeriegelt.“ Zwar müssten Asylsuchende bei der Einreise auch weiterhin ein gültiges Ausweisdokument, wie einen Pass, Personalausweis oder Führerschein, bei sich haben, die Grenze würde von der Polizei aber nur stichprobenartig kontrolliert.

In Lübeck wollen die Flüchtlinge nicht mehr so lange warten. Sie protestierten am Skandinavienkai in Travemünde und vor dem schwedischen Honorarkonsulat in der Innenstadt. „Sie hoffen, dass Schweden die Regelung zurücknimmt“, sagt Unterstützerin Schneider. „Die Fluchtgründe sind schließlich die gleichen, egal ob die Leute einen Pass haben oder nicht.“

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