Nach Asylkompromiss der Koalition: Ärger um de Maizière

Die Äußerung von Innenminister Thomas de Maizière, er wolle Syrern künftig einen geringeren Schutzstatus gewähren, sorgt für Kritik. Aber nicht bei allen.

Ein Mann mit Brille zeigt mit seinen Fingern auf etwas.

Will Asyl weiter einschränken: Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Foto: dpa

BERLIN dpa/afp | Nach der Äußerung von Innenminister Thomas de Maizière (CDU) über einen eingeschränkten Schutz syrischer Flüchtlinge hat die Bundesregierung betont, dass die bisherigen Regelungen weiter gelten. „Es bleibt bei der bisherigen Praxis beim Schutz der syrischen Flüchtlinge“, schrieb der Sprecher Steffen Seibert am Freitagabend auf Twitter unter Berufung auf eine Mitteilung des Bundesinnenministeriums (BMI).

Auch der Flüchtlingskoordinator, Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU), betonte, das BMI habe klargestellt, dass sich die Entscheidungspraxis des zuständigen Bundesamtes für Flüchtlinge aus Syrien nicht ändere.

Einen Tag nach der Präsentation der Asylpläne von Union und SPD hatte Innenminister de Maizière mit seiner Idee für neuen Ärger gesorgt, Syrern in Zukunft einen geringeren Schutzstatus zu gewähren. Er wolle Menschen aus dem Bürgerkriegsland künftig nur noch einen Aufenthalt auf Zeit ermöglichen und den Familiennachzug verbieten, kündigte der Ressortchef am Freitag an.

Nach heftigen Protesten aus den Reihen des Koalitionspartners SPD stellte de Maizière dann am Freitagabend klar: Zu Beginn der Woche sei eine solche Änderung vorgesehen gewesen. „Im Lichte der Entscheidung der Koalition gestern zum Familiennachzug gibt es aber Gesprächsbedarf in der Koalition“, räumte der Minister ein. „Und deswegen bleibt es jetzt so, wie es ist, bis es eine neue Entscheidung gibt.“ Eine ähnliche Erklärung hatte zuvor auch sein Ministerium abgegeben.

Kritik von SPD und Opposition

„Die Vorstellung, man könne mal so eben Vereinbarungen mit der SPD zu Lasten syrischer Flüchtlingsfamilien nachschärfen, ist abenteuerlich“, schrieb der stellvertretende Parteivorsitzende Ralf Stegner am Samstag im Kurznachrichtendienst Twitter. Ärgerlich sei, dass „dieses Chaos, ob es nun von CSU, wie in den letzten Tagen oder CDU wie gestern angerichtet wird, nur Rechtsparteien nützt!“

Grünen-Chefin Simone Peter rief Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, sich persönlich klar von dem Vorstoß de Maizières für einen solchen „inhumanen Akt“ zu distanzieren. Zugleich äußerte sie gegenüber der Nachrichtenagentur AFP den Verdacht, dass die Dementis eines Verbots des Familiennachzugs „nur eine vorübergehende“ sein könnten. Peter äußerte auch Zweifel, ob tatsächlich sonst niemand in der Koalitionsspitze von de Maizières Plänen gewusst habe.

Zweifel an einem Alleingang des Innenministers äußerte auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. „Die Koalition hält an ihrer fatalen Grundhaltung fest, die eigentliche Not und die Lebensbedrohung, aus der die Menschen fliehen, nicht anerkennen zu wollen“, schrieb Bartsch auf Facebook.

Unterstützung aus CSU und CDU

Für ein Verbot des Familiennachzugs für syrische Bürgerkriegsflüchtlinge plädierte dagegen CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. „Es muss der Status des sogenannten subsidiären Schutzes sein – das heißt zeitlich begrenzt und ohne Familiennachzug“, sagte er der Bild am Sonntag. Auch der CDU-Innenexperte Stephan Mayer lobte die Pläne in den Zeitungen der Funke Mediengruppe als „das richtige Mittel, um einen millionenfachen Familiennachzug zu begrenzen“. Der CDU-Außenexperte Jürgen Hardt argumentierte im Deutschlandfunk, viele Syrer seien nicht bedroht, sondern kämen aus sicheren Lagern in der Region.

Bislang werden Menschen aus dem Bürgerkriegsland Syrien in Deutschland bevorzugt behandelt und beinahe ausnahmslos als Flüchtlinge anerkannt. Syrer bekommen fast ausschließlich den gesicherten Schutzstatus als Flüchtling und damit eine Aufenthaltserlaubnis für drei Jahre, inklusive dem Recht auf Familiennachzug. Sie sind die mit Abstand größte Flüchtlingsgruppe. Von Anfang Januar bis Ende Oktober wurden bundesweit fast 244.000 syrische Asylbewerber registriert, allein im Oktober waren es 88.640.

Einen eingeschränkten Status erhalten dagegen Menschen, die nicht nach Genfer Flüchtlingskonvention oder dem deutschen Asyl-Grundrecht eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland bekommen, aber trotzdem nicht in die Heimat zurückgeschickt werden – etwa weil ihnen dort Todesstrafe oder Folter drohen. Sie bekommen – anders als Menschen mit Asyl- oder Flüchtlingsstatus – zunächst nur eine Aufenthaltserlaubnis für ein Jahr, die später verlängert werden kann. Die schwarz-rote Koalition hatte am Donnerstagabend unter anderem beschlossen, für Menschen mit „subsidiärem Schutz“ das Recht auf Familiennachzug für zwei Jahre komplett auszusetzen.

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