Gesetzentwurf zu Leiharbeit: Unzufrieden sind alle

Arbeitsministerin Andrea Nahles will Leiharbeit und Werkverträge regulieren. Mit ihrem Entwurf macht sie es aber niemandem recht.

Arbeiter auf einer Baustelle

Mit Zeit- oder Werkvertrag? Arbeiter auf einer Baustelle in Brandenburg. Foto: dpa

BERLIN taz | Den einen ist es ein bisschen zu wenig, den anderen viel zu viel. Der Gesetzentwurf von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles zu einer vorsichtigen Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen stößt weder bei den Gewerkschaften noch bei den Arbeitgebern auf Begeisterung.

Während der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann ihn als „nicht ausreichend“ bezeichnete, sprach Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer von einem „Angriff auf die moderne, arbeitsteilige Wirtschaft“. Mit ihrem Gesetzentwurf, den sie Anfang der Woche ans Kanzleramt zur regierungsinternen Abstimmung schickte, geht Nahles ihr drittes größeres Reformprojekt an – nach Mindestlohn und Rente mit 63 für langjährig Beschäftigte.

Nach den Vorstellungen der Sozialdemokratin sollen Unternehmen künftig LeiharbeiterInnen grundsätzlich nur noch 18 Monate lang beschäftigen dürfen. Allerdings sehen ihre Pläne Ausnahmen für den öffentlich-rechtlichen Bereich sowie Religionsgemeinschaften inklusive ihrer Einrichtungen vor.

Außerdem sollen auch Tarifpartner eine längere Verleihdauer vereinbaren können. „In tarifgebundenen Unternehmen sind damit längere Einsatzzeiten von über 18 Monaten möglich“, heißt es in dem 33 Seiten umfassenden Papier, das sich eng an den schwarz-roten Koalitionsvertrag hält.

Noch mehr Ausnahmen

In der Regel nach neun Monaten soll für LeiharbeiterInnen „Equal Pay“ gelten. Sie sollen dann also nicht mehr weniger verdienen dürfen wie Stammbeschäftigte – zumindest theoretisch. Denn sofern sie nicht tariflich geregelt sind, werden freiwillige Zahlungen des Arbeitgebers wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld nicht eingerechnet. Darüber hinaus soll es auch hier Öffnungsklauseln für tarifliche Lösungen geben, die dem Arbeitgeber eine gleiche Bezahlung erst nach zwölf Monaten möglich machen würden.

Ausdrücklich untersagt werden soll, LeiharbeiterInnen als StreikbrecherInnen einzusetzen: „Der Entleiher darf Leiharbeitnehmer nicht tätig werden lassen, soweit sein Betrieb unmittelbar durch einen Arbeitskampf betroffen ist“, heißt es in dem Entwurf.

Dass die IG Metall trotzdem unzufrieden ist, liegt zuvorderst an den aus ihrer Sicht halbgaren Regelungen im Bereich Werkverträge. Viel mehr, als den Arbeitgeber in die Pflicht zu nehmen, „den zeitlichen Umfang des Einsatzes, den Einsatzort und die Arbeitsaufgaben“ von Werkvertragsbeschäftigten gegenüber dem Betriebsrat offenzulegen, ist Nahles hierzu nicht eingefallen.

Kein Mitspracherecht

Eine Mitspracherecht sieht sie nicht vor. „Insbesondere die Vorschläge gegen den Missbrauch von Werkverträgen sind halbherzig und völlig unzureichend, um Lohndumpingstrategien entgegenzutreten“, sagte IG-Metall-Chef Hofmann. Kritisch sieht die IG Metall auch, dass Nahles darauf verzichtet hat, eine Grenze zu ziehen, die eine dauerhafte Besetzung von Arbeitsplätzen durch Leiharbeiter verhindert.

Die Arbeitgeber sehen hingegen die Tarifautonomie eingeschränkt und beklagen, dass Werkverträge und Zeitarbeit „in erheblichen Umfang“ eingeschränkt würden.

„Der Gesetzgeber sollte sich davor hüten, zu viele Steine in die Tarifboote zu legen, weil sie sonst untergehen“, warnte der Hauptgeschäftsführer des Interessenverbandes Zeitarbeitsunternehmen, Werner Stolz. „Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Koalition einen solchen praxisfremden, hochbürokratischen und in der Sache unsinnigen wie undurchführbaren Gesetzentwurf beschließen wird“, sagte Arbeitgeberpräsident Kramer.

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