Fußball-WM, Hahnenkämpfe und Flamenco

Kino Heute beginnt die fünfte Ausgabe von "Cinespañol" mit preisgekrönten lateinamerikanischen und spanischen Filmen

Berlin ist die Stadt der Filmfestivals. Insider sprechen von mehr als einhundert Festivals, die hier alljährlich stattfinden. Leicht kommt man da durcheinander. Anfang Oktober also hatte das spanische Filmfest stattgefunden. „Cinespañol“ ist sozusagen der kleine Bruder des spanischen Filmfestes, und eigentlich handelt es sich bei „Cinespañol“ auch eher um eine Filmtournee, auf der seit nunmehr fünf Jahren kleine Filmpakete mit preisgekrönten lateinamerikanischen und spanischen Arthouse-Filmen durch die Gegend reisen. Die Organisatoren kaufen die Filme auf den großen Festivals dieser Welt und untertiteln sie selbst.

In diesem Jahr sind es das Roadmovie „A 60 km/h“ von Facundo Marguery, das in Uruguay sehr erfolgreich war, der argentinische Film „Como ganar enemigos“ (Wie man sich Feinde macht) von Gabriel Lichtman, aus Costa Rica „Por las plumas“ von Neto Villalobos und die Dokumentation „Paco de Lucia“, die an den im letzten Jahr verstorbenen Flamenco-Jazz-Gitarristen erinnert.

Ein Auto als Held

Der eigentliche Held in Facundo Marguerys Film „A 60 km/h“ ist ein alter Citroën Méhari. Der Méhari wurde zwischen 1968 und 1987 gebaut. Es handelt sich um ein jeepähnliches Kleingefährt, das zwar nach einem Renndromedar benannt ist, aber eher langsam durch die Gegend fährt. Mario, ein Mann knapp über fünfzig, hat das Auto gekauft, nachdem er einen schweren Verkehrsunfall hatte. Mit seiner Familie erlebt er viele Abenteuer mit dem Auto. Die eigentliche Geschichte beginnt nach seiner Scheidung. Er entschließt sich, mit dem Auto und seinen Söhnen eine Weltreise zu machen. Die Reise ist turbulent. Die Aufnahmen angenehm amateurhaft. Zeitweise zerstreiten sich die Reisenden, die Söhne steigen aus, einsam, ohne Geld und am Rande des Wahnsinns sitzt der Vater in Italien. Später treffen sie einen uruguayischen Nationalspieler, der für einen türkischen Verein spielt, besuchen nette Hippies in Australien, sind kurz bei der Fußball-WM in Südafrika, wo Uruguay Vierter wird. Ein schönes Road-Movie.

Der argentinische Film „Como ganar enemigos“ von Gabriel Lichtman spielt im gehobenen Mittelstand unter gut aussehenden Leuten. Lucas, ein junger Anwalt aus Buenos Aires, lernt Barbara in einem Café kennen. Die Liebe zur Literatur bringt sie einander nahe. Nach der ersten gemeinsamen Nacht verschwindet sie mit dem Geld, das Lucas tags zuvor für den Kauf eines Appartements abgehoben hat. Auf der Suche nach seinem Geld wird der Held noch einige Überraschungen erleben.

„Por las Plumas“, etwas unglücklich übersetzt mit „Ein Hahn für ein Hallelujah“, handelt von Chalo, einem melancholisch-stillen Nachtwächter in Costa Rica, der gern ins – illegale – Hahnenkampfgeschäft einsteigen möchte. Schwierig ist es, einen geeigneten Hahn zu kaufen; noch schwieriger, mit Hahn ein Hotelzimmer zu finden. Der Film ist atmosphärisch dicht, man trifft skurrile Charaktere und endet mit einer schönen Beerdigung. In dem Bio-Pic „Paco de Lucia – Auf Tour“ schließlich porträtiert Curro Sánchez Varela seinen im Februar letzten Jahres gestorbenen Vater und erzählt von der Entwicklung der Flamenco-Musik. Es gibt wunderschöne historische Aufnahmen und Bilder seiner letzten Konzerte. „Ohne Gitarre wäre ich introvertiert geblieben“, sagt de Lucia und dass er, bis er Millionär wurde, immer als Linker aufgetreten sei und sich danach nicht mehr politisch erklärt hätte. Ein Film für Musikfreunde, der leider erst gegen Ende (de Lucia starb überraschend) etwas persönlicher und unkonventioneller wird.

Detlef Kuhlbrodt

Cinespañol ab 19. November, an verschiedenen Orten, www.cinespanol5.de