Kolumne Fernsehen: Der Rundfunkbeitrag im Reich

Der NDR hat sich dafür entschieden, Xavier Naidoo zum Grand Prix nach Stockholm zu schicken. Denn sie wissen nicht, was sie tun.

Xavier Naidoo auf der Bühne

Dieser Weg wird kein leichter sein – für Xavier Naidoo und die ARD. Foto: dpa

Es gibt ja viele Argumente, den Rundfunkbeitrag abzulehnen – mal mehr, mal weniger scharfsinnige. Der Klassiker ist der Vorwurf, dass es Zwangsgebühren seien, weil sie jeder zahlen müsse – auch wer weder Internet noch Fernsehen noch Radio nutzt.

Und wo man streitet und vor allem, wofür Leute zahlen müssen, da wird auch geklagt. Es gibt mittlerweile Dutzende Urteile zum Rundfunkbeitrag. In nahezu allen Fällen scheiterten die KlägerInnen mit ihren Forderungen, entweder weniger oder gar nichts zahlen zu müssen. Der Verband Deutscher Grundstücksnutzer (VDGN) hat beispielsweise schon zweimal Verfassungsbeschwerde gegen den neuen Beitrag eingereicht, beide Male wies das Bundesverfassungsgericht sie zurück. Der Autovermieter Sixt verlor ebenfalls zweimal vor Gericht.

Doch neben denen, die klagen, gibt es noch eine zweite Sorte von Menschen, die den Beitrag nicht hinnehmen wollen, aber eigentlich nicht klagen dürfen, weil sie die deutschen Gerichte gar nicht als zuständig anerkennen: die so genannten Reichsbürger. Sie lehnen den Rundfunkbeitrag per se ab, weil sie die Bundesrepublik nicht anerkennen und den zwischen den Bundesländern geschlossenen Rundfunkstaatsvertrag folglich auch nicht. Warum? Weil die BRD kein souveräner Staat sei und das Deutsche Reich bis heute fortbestehe. Wir leben hier quasi auf dem Gebiet des Deutschen Reichs, das von ausländischen Mächten besetzt ist. Die 2+4-Verträge haben keine Gültigkeit.

Klingt verwirrend? Ja, das stimmt. Aber vielleicht kann der vom Norddeutschen Rundfunk zum neuen Botschafter unseres Landes erkorene Xavier Naidoo ein bisschen Licht ins Dunkel bringen?

Also, Xavier, sind wir frei? „Nein, wir sind nicht frei, wir sind immer noch ein besetztes Land. Deutschland hat keinen Friedensvertrag, und dementsprechend ist Deutschland auch kein echtes Land und nicht frei.“ Aber die 2+4-Verträge? „Das ist kein Friedensvertrag.“

Ja, so lief das Gespräch damals im beitragsfinanzierten „Morgenmagazin“ der ARD. Reichsbürger, ick hör dir schwafeln. Vor denen trat Naidoo auch gern mal auf. Was man halt so macht in seiner Freizeit.

Naidoo im Auftrag der Bundesrepublik

Denkt man nun ein bisschen weiter, stellt sich die Frage: Zahlt Naidoo eigentlich Rundfunkbeiträge? Und wie kann er sich in den Dienst des NDR stellen? Schließlich ist der NDR doch Teil der ARD, der Arbeitsgemeinschaft der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten der Bundesrepublik Deutschland.

Xavier! Hast du das gehört?!? DER BUNDESREPUBLIK! Das ist dieser nicht freie, noch immer besetzte, nicht existente Staat!

Herr Naidoo, ist es nicht an der Zeit, ist es nicht gar schon fünf vor zwölf, dass Sie sich von Ihrem Engagement zurückziehen?

„Ich glaube nicht, dass die Greenwich-Zeit die richtige Zeit ist, dass die Zeitzonen rechtens sind.“

Äääh, ja, Herr Naidoo, alles klar. Haben Sie das nicht im Musikexpress schon mal gesagt? Egal. Viel Erfolg in Stockholm! Die Beitragszahler sind mit Ihnen. Schließlich bezahlen die den Spaß.

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Ist heute: Redaktionsleiter bei Übermedien und freier Autor. War mal: Leiter des Ressorts tazzwei bei der taz. Davor: Journalistik und Politikwissenschaft in Leipzig studiert. Dazwischen: Gelernt an der Axel Springer Akademie in Berlin.

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