Kommentar Ausstand bei der Lufthansa​: Nach dem Streik ist vor dem Streik​

Eine beliebte Erzählung ist, dass bei der Lufthansa privilegierte Arbeitnehmer die Nerven der Passagiere strapazieren. Eine allzu schlichte Sicht.

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Wirkungsvoller Streik: Allein am Mittwoch musste die Lufthansa 933 Flüge streichen. Foto: ap

Es ist der längste Arbeitskampf in der Geschichte der Lufthansa – und ein Ende ist nicht absehbar. Zwar will die FlugbegleiterInnengewerkschaft UFO ihre Mitglieder vorerst nur bis Freitag streiken lassen. Aber dass danach Frieden bei der Airline einzieht, ist unwahrscheinlich.

Nach dem Ausstand wird wohl nur vor dem Ausstand sein. Daran dürften auch die juristischen Scharmützel nichts ändern, die der Vorstand angezettelt hat. Sie verhärten nur die Fronten. Eine Verständigung rückt dadurch in noch weitere Ferne.

Mit dem Versuch, per Arbeitsgericht der Gewerkschaft den Streik verbieten zu lassen, ist schon die Bahn in ihrem Tarifkonflikt mit der GDL gescheitert. Der Lufthansa ergeht es jetzt ebenso, wie die Entscheidungen der Arbeitsgerichte erst in Darmstadt und nun auch in Düsseldorf zeigen. Zum Glück. Was bleibt den FlugbegleiterInnen denn anderes übrig? Verlieren sie das Instrument des Streiks, liefert sie das hilflos dem rabiaten Kostensenkungskurs der Konzernführung aus.

Die Lufthansa hat aufgrund des Streiks für Donnerstag 933 Flüge gestrichen, 107.000 Passagiere sind betroffen. Die Gewerkschaft Ufo hatte zum Streik auf Kurz-, Mittel- und Langstrecken aufgerufen. Seit Beginn des Ausstands am vergangenen Freitag musste die Airline bis einschließlich Mittwoch mehr als 3.700 Flüge absagen. Betroffen waren davon rund 443.000 Reisende. Arbeitsgerichte in Düsseldorf und Darmstadt wiesen Anträge auf einstweilige Verfügungen zurück, Ufo darf demnach bis einschließlich Freitag weiter streiken. Die Entscheidung in Düsseldorf will das Unternehmen nun vom dortigen Landesarbeitsgericht stoppen lassen. (dpa)

Bei ihren Umbauplänen fährt die Lufthansa-Spitze einen unnachgiebigen Kurs auf Kosten der gesamten Belegschaft. Dafür legt sie sich sowohl mit den beiden Spartengewerkschaften UFO und Cockpit als auch mit Verdi an. Per se habe der Finanzmarkt gefallen daran, „wenn wir in diesen Arbeitskämpfen hart bleiben“, hat Lufthansa-Chef Carsten Spohr erklärt. Sein offenkundiges Ziel ist es, den Gewerkschaften das Genick zu brechen.

Eine beliebte Erzählung ist, dass bei der Lufthansa privilegierte ArbeitnehmerInnen die Nerven Hunderttausender Passagiere strapazieren, um ihre Pfründen zu sichern – eine allzu schlichte Sicht. Denn das gilt zwar durchaus für die PilotInnen, aber schon die FlugbegleiterInnen lassen sich nicht einfach in die Kategorie der Besserverdienenden einordnen. Vom Bodenpersonal ganz zu schweigen. Die Lufthansa will jedoch die Altersversorgung für alle verschlechtern. Dass diese sich wehren, ist verständlich.

Gut möglich, dass bald auch noch die Verdi-Mitglieder streiken. Beschweren sollten sich die Passagiere aber nicht bei den Gewerkschaften, sondern beim Lufthansa-Vorstand.

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Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Mehrere Buchveröffentlichungen (u.a. „Endstation Rücktritt!? Warum deutsche Politiker einpacken“, Bouvier Verlag, 2011). Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft.

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