Menschenrechtsorganisationen berichten: Peking lässt weiterhin foltern

Obwohl „Umerziehungslager“ offiziell abgeschafft wurden, berichten Betroffene von systematischer Folter. Nun berät das Anti-Folter-Komitee der UNO.

Ein bewaffneter Volkspolizist bewacht 2012 den Zugang zum Gefängnis Nummer 2 in Peking.

Ein bewaffneter Volkspolizist bewacht 2012 den Zugang zum Gefängnis Nummer 2 in Peking. Foto: ap

PEKING taz | Lügt er? Ist es Ignoranz? Oder weiß er wirklich nicht, wie es in Gefängnissen im eigenen Land zugeht? Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums bestritt am vergangenen Donnerstag, dass systematische Folter in China auch weiter gängige Praxis ist. „Das chinesische Recht verbietet eindeutig die Praxis erzwungener Geständnisse in Verhören“, beteuerte er auf Nachfrage ausländischer Journalisten. „Wir werden unsere Regeln zu Menschenrechten und Rechtsschutz weiter verbessern, so dass jeder fair und gerecht behandelt wird.“

Die Vorwürfe wiegen in der Tat schwer. Amnesty International (AI) veröffentlichte vergangene Woche eine Dokumentation, in der zahlreiche Fälle von in China gequälten Häftlingen aufgelistet sind. Die Berichte der Menschenrechtsorganisation sind erschütternd.

Nicht nur sind die Verhältnisse in Gefängnissen miserabel. Die Verdächtigen werden oft stundenlang verhört. Sie werden geschlagen und getreten. Ihnen wird Schlaf entzogen, Wasser, Nahrung und Medikamente werden ihnen verweigert. Sie sollen vorgefertigte Geständnisse unterschreiben. Weigern sie sich, greifen die Polizisten auf zusätzliche Foltermethoden zurück.

An diesem Dienstag befasst sich in Genf die Anti-Folter-Kommission der Vereinten Nationen mit den Zuständen in Chinas Gefängnissen. Dieser UN-Ausschuss überwacht die Einhaltung der UN-Konvention gegen Folter und wird die Berichte von Amnesty und anderen Menschenrechtsorganisationen in seinen Beratungen aufgreifen. China unterzeichnete 1986 die Antifolterkonvention. Am Mittwoch sollen sich daher Vertreter der Regierung zu den Vorwürfen äußern.

„Ich hatte solche Schmerzen, dass ich sterben wollte“

Zum Geständnis gefoltert

Welche Art der systematischen Folter in China auch weiterhin angewandt werden, schildert der Menschenrechtsanwalt Yu Wensheng. Am 13. Oktober 2014 nahmen Chinas Sicherheitsbehörden den 48-Jährigen fest. Er hatte zuvor Mandanten vertreten, die mit den Demokratieprotesten in Hongkong sympathisierten. Für insgesamt 99 Tage wurde er eingesperrt. Am 20. Tag der Haft hätten Beamte ihn auf einen Eisenstuhl gesetzt und seine Hände hinter der Lehne zusammengekettet.

Dabei wurde sein gesamter Brust- und Bauchbereich so überstreckt, dass sein Bauchfell riss. „Meine Hände waren geschwollen und ich hatte so schlimme Schmerzen, dass ich in diesem Moment sterben wollte“, schildert er. Doch die Beamten drückten die Handschellen noch fester zusammen. 40 Minuten dauerte die Folter. Sie lockerten sie erst, nachdem er zusicherte, dass ihm vorgelegte Geständnis zu unterschreiben.

Yu Wensheng ist kein Einzelfall. Allein in diesem Jahr haben die chinesischen Sicherheitsbehörden fast 300 Anwälte und deren Mitarbeiter festgenommen. Mehrere berichten von Folterungen und schweren Misshandlungen. „Welche Hoffnung sollen Angeklagte in ein System haben, in dem sogar Anwälte gefoltert werden“, kritisiert Patrick Poon, China-Experte bei AI.

Dabei hat sich Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping seit seinem Amtsantritt vor knapp drei Jahren mehrfach zum Rechtsstaat bekannt und mehr Transparenz im Justiz- und Staatsapparat versprochen. Die berüchtigten „Umerziehungslager“ schaffte er ab. Die dort üblichen Foltermethoden sollte es nicht mehr geben.

Doch auch die Menschenrechtsogranisation Human Rights Watch erhebt weiter schwere Vorwürfe gegen China. „Folter ist noch immer eine tägliche Realität in China“, kritisiert Human-Rights-Expertin Sophie Richardson. Sie forderte die chinesische Führung auf, Antworten zu liefern, „warum dieses Problem noch immer existiert“.

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