Bataclan 3
: Guter Pop ist wie Burger braten

In ihren Songs machen sich die „Eagles“ über alles Mögliche lustig, auch über die eigene Rock-Pose

Es gibt den überlieferten Satz eines Konzertbesuchers des Pariser Bataclan, der auf den Punkt bringt, was die Anschläge des 13. November über die Popkultur aussagen. „Zuerst dachte ich, das gehört zur Show“, sagte ein Radioreporter, der das Konzert der Eagles Of Death Metal überlebte. Vielleicht hätten viele von uns dies auch zunächst angenommen. Denn wir sind drastische Kulturinszenierungen gewohnt, haben nicht nur Spaß auf Konzerten und Performances, sondern bekommen auch Denkanstöße.

Als es dann aber darum ging, herauszufinden, wer diese Eagles Of Death Metal nun sind und wofür sie stehen, da schienen viele schon wieder vergessen zu haben, dass Pop Inszenierung durch und durch ist. Dabei ist es verständlich, dass man wissen will, wer dieser Jesse Hughes, walrossbärtiger Sänger der kalifornischen Rock-’n’-Roll-Combo, eigentlich ist – denn möglicherweise waren sie ja doch kein so zufälliges Ziel der Terroristen.

Nur ist diese Frage nicht so einfach zu beantworten. Sichtet man alle Interviews mit Hughes, könnte man zum Ergebnis kommen, es mit einem Redneck-Rocker mit fragwürdiger, reaktionärer Weltanschauung zu tun zu haben. Was Hughes so von sich gibt? „Obama ist ein kommunistischer Schwanzlutscher“, er selbst sei ein „right-winger, man“, eigentlich sogar ein „right-winged-extremist“, Rea­gan und Donald Trump seien dufte Typen (gewesen), Steuern eher scheiße, Waffen dagegen ganz schön geil. Das einzige, was man mithin über den Mann weiß: Er redet ganz schön viel Mist. Er erinnert dabei allerdings eher an einen Weirdo, Anar­cho oder Provokateur.

Ob das alles Teil seiner Inszenierung ist, wissen wir nicht. Es ergibt wenig Sinn, Hughes‘ Aussagen eins zu eins zu lesen – und sich so ein Bild zu machen, warum die Band ins Visier der Islamisten geriet. In ihren Songs machen sich die „Eagles“ über alles Mögliche lustig, sie ironisieren nicht zuletzt die eigene Rock-Pose.

So gibt es aber ganz sicher eins, was ihre Inszenierung leistet: Gewissheiten infrage stellen. Doppeldeutigkeiten ermöglichen. Verschiedene Lesarten zulassen – etwas, womit übrigens die, die auf sie schossen, so ihre Probleme haben. „It’s easier without complexity!“, singen die „Eagles“ in einem Lied des aktuellen Albums.

Im Falle der Eagles Of Death Metal funktioniert das Refle­xions­medium Pop gut. Denn guter Pop springt mit der Realität um, als würde man einen Burger braten: Sie wendet sie wieder und wieder, bis vom ursprünglichen Rohstoff nichts mehr zu erkennen ist. Dass die Eagles Of Death Metal in diesem Sinne nun als Symbol schlechthin für den verhassten westlichen Pop dastehen, wäre nur folgerichtig. Jens Uthoff