Kommentar Studienabschlüsse: Der Bachelor – ein Monstrum

Die Institutionen haben den Studierenden mit dem Bachelor Flexibilität aufgezwungen. Nun weigern sie sich, die gleiche Flexibilität zu zeigen.

Junge Frau mit Schild, auf dem steht "Gegen Bachelor-Massenabfertigung!"

Klare Worte. Foto: dpa

Was ist schlimmer als eine neoliberale Reform? Eine neoliberale Reform, bei der nicht zugleich bürokratischer Unsinn abgeschafft wird. In solchen Fällen gehen Neoliberalismus und Bürokratie gerne eine Symbiose ein und potenzieren die Nachteile beider Systeme. So wie jetzt bei Bologna-Reform und den Einstellungsvoraussetzungen für den öffentlichen Dienst.

Bologna und damit die Einführung von Bachelorstudiengängen sollte die Studienzeiten verkürzen und damit die Absolventen früher dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. Die auf dem Bachelor aufbauenden Masterstudiengänge sollten vornehmlich dem wissenschaftlichen Nachwuchs vorbehalten bleiben. Kürzere Studienzeiten waren zwar eine Forderung aus der Wirtschaft, dennoch blieb unklar, ob die Wirtschaft die Bachelor-Absolventen auch wollte. Erst allmählich scheint deren Akzeptanz zu steigen.

Von Anfang an weigerten sich aber die öffentlichen Arbeitgeber, Bachelorabsolventen als Beamte für den höheren Dienst zuzulassen. Das Bundesinnenministerium hat dies jetzt noch einmal bestätigt. Wer im höheren Dienst arbeiten will, muss einen Master vorweisen.

Bologna ist längst zu einem Monstrum geworden. Das Studium dauert länger als früher, weil Bachelor und Master zusammen eine längere Regelstudienzeit haben als die alten Diplom- oder Magisterstudiengänge. Die Bürokratie hat zugenommen, auch weil sich die Bachelorabsolventen noch einmal neu für den Master bewerben müssen – und abgelehnt werden können. Die Studierenden sollten flexibler für den Arbeitsmarkt werden, aber die Institutionen, die ihnen diese Flexibilität aufgezwungen haben, weigern sich selbst, flexibler und damit für unterschiedliche Lebensläufe durchlässiger zu werden.

Mit der Bologna-Bürokratie ist es wie mit jeder anderen: Einmal eingeführt, ist sie nur schwer wieder abzuschaffen. Dabei will nicht einmal das Innenministerium ihre Absolventen.

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Von 2018 bis 2020 taz-Parlamentskorrespondent. Zuvor von 2013 bis 2018 Leiter der taz-Inlandsredaktion, von 2012 bis 2013 Redakteur im Meinungsressort. Studierte Politikwissenschaft in Berlin, danach Arbeit als freier Journalist für Zeitungen, Fachzeitschriften und Runkfunkanstalten, Pressesprecher eines Unternehmensverbands der Solarindustrie und Redakteur der Blätter für deutsche und internationale Politik.

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