Gewalt gegen Geflüchtete in Sachsen: Bespuckt und mit Steinen beworfen

In Wurzen haben Schüler mehrere Flüchtlingskinder auf dem Pausenhof verletzt. Sie waren in den vergangenen Wochen mehrfach attackiert worden.

Demonstrant_innen halten ein Transparent „Den rechten Konsens durchbreche! Kein Fußbreit den Faschisten!“ hoch

2003 gab es in Wurzen schon einmal eine große Demo gegen Rassismus. Es ist wohl Zeit für eine neue. Foto: dpa

DRESDEN taz | An der Pestalozzi-Oberschule im mittelsächsischen Wurzen sind am Mittwoch Flüchtlingskinder durch deutsche Mitschüler so schwer verletzt worden, dass sie vom Notarzt behandelt werden mussten. Zwei Mädchen im Alter von 9 und 14 Jahren erlitten bei dem Angriff Prellungen, Quetschungen und eine Knochenabsplitterung.

Die Opfer waren zunächst zusammen mit einer Gruppe von mehreren Mädchen auf dem Schulhof verbal attackiert und mit Eicheln, Steinen und Münzen beworfen worden. Als sie flüchteten, wurden sie von vier Schülern der 7. und 8. Klasse verfolgt. An einer Zimmertür wurden zwei von ihnen eingeklemmt und misshandelt.

Seit mehreren Wochen besuchen diese Flüchtlingskinder eine Klasse, in der „Deutsch als Zweitsprache“, kurz DAZ, unterrichtet wird. Auf dem Schulhof waren sie schon mehrmals von deutschen Mitschülern angegriffen worden. Lehrer und die Schulleitung versuchten daraufhin offenbar bereits in den zurückliegenden Wochen, mit den Eltern der vier aggressiven Schüler zu sprechen. Ein Sprecher der zuständigen Polizeidirektion Leipzig sagte, man habe dies aber als „nicht zielführend“ aufgegeben.

Mittelsachsen und insbesondere Wurzen gelten seit den 1990er Jahren als Schwerpunkte rechter Aktivitäten und einer dominanten rechten Jugendszene. Schon vor fünfzehn und mehr Jahren gab es Attacken auf Asylbewerber und Übergriffe des „Jungsturms“.

Sprecher Uwe Voigt von der Polizeidirektion Leipzig will sich zu den laufenden Ermittlungen wegen gefährlicher Körperverletzung jetzt noch nicht äußern. Auf die Frage, ob sich hier möglicherweise fremdenfeindliche Einstellungen in die zweite Generation fortsetzen, antwortet er aber mit einem knappen „unbestritten“.

Schulstrafe für die Kinder angekündigt

Roman Schulz, Sprecher der dem Kultusministerium unterstehenden Bildungsagentur Leipzig, ordnet die Vorfälle in das überall im Land anzutreffende Klima ein. Er bestätigt, dass Kinder „zunehmend mit undemokratischen Ansichten aufkreuzen“. Mitarbeiter der Bildungsagentur haben am Freitag die Wurzener Schule besucht und sich mit der Schulleitung beraten. „Es wird nach Anhörung von Schülern und Eltern auf jeden Fall eine Schulstrafe geben, weil wir entschlossen vorgehen wollen“, sagt Schulz.

Am wichtigsten aber sei es, dass die verängstigten Mädchen nach zwei Tagen Pause wieder die Schule besuchen. Die Schulsozialarbeiterin und die DAZ-Lehrerin werden sie am Montag abholen und begleiten.

Die Wurzener Attacken auf Flüchtlingskinder durch Mitschüler sind die ersten bekannt gewordenen Vorfälle dieser Art. Ansonsten geht das DAZ-Integrationskonzept laut Schulz weitgehend auf. Allein im Gebiet der Leipziger Bildungsagentur lernen im Rahmen des Programms 3.500 ausländische Kinder Deutsch als Zweitsprache.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.