Kindesmisshandlung in Hamburg-Altona: Baby liegt im Sterben

In Hamburg schwebt ein Kleinkind in Lebensgefahr, auf das die Behörden schon aufmerksam geworden waren. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Hoffen auf die Spezialisten: Das verletzte Kind liegt im Uni-Klinikum Hamburg-Eppendorf. Foto: Maurizio Gambarini (dpa)

HAMBURG taz | In Hamburg ist wieder ein Kind zu Schaden gekommen, das unter der Aufsicht des Jugendamtes stand. Der 12-monatige Tayler aus Altona wurde am vergangenen Samstag mit schweren Kopfverletzungen ins Uni-Klinikum Eppendorf (UKE) eingeliefert und sofort operiert. Am Donnerstag wurden die lebenserhaltenden Maßnahmen abgeschaltet. Das Baby ist noch am Leben, soll aber nach Informationen aus Behördenkreisen wenig Überlebenschance haben.

„Wir haben die Jugendhilfeinspektion beauftragt, den Fall zu überprüfen“, sagt Martin Roehl, Sprecher des Bezirksamts Hamburg-Altona. Er bestätigt einen Bericht der Bild.de, wonach eine sozialpädagogische Familienhilfe das Kind noch einen Tag zuvor besucht und blaue Flecken in seinem Gesicht gesehen und dokumentierte hatte – aber nicht dem Allgemeinen Sozialen Dienst (ASD) gemeldet.

Der kleine Junge soll nach taz-Informationen im August schon einmal mit Verletzungen ins Kinderkrankenhaus Altona eingeliefert worden sein. Damals sollen Rechtsmediziner des Kinderkompenzzentrums am UKE den Fall untersucht und den Verdacht einer Kindeswohlgefährdung festgestellt haben. Das Baby soll daraufhin vom ASD in Altona in Obhut genommen sein, wurde aber im Oktober wieder der jungen Mutter zurück gegeben – unter der Auflage, dass dreimal wöchentlich eine Familienhelferin nach dem Kind sieht. Beim Träger dieser Hilfe soll es sich um das Rauhe Haus handeln.

Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen die Mutter des Kindes und ihren Lebensgefährten, prüft dabei aber auch ein mögliches Versagen der beteiligten Institutionen. Erst vor zwei Jahren war in Hamburg-Billstedt die dreijährige Yagmur an den Folgen schwerer Misshandlungen gestorben, obwohl sie seit Geburt unter Aufsicht des Jugendamtes stand. Die Mutter wurde im November 2014 zu einer – noch nicht rechtskräftigen – lebenslangen Haftstrafe wegen Mordes verurteilt, der Vater rechtskräftig zu viereinhalb Jahren Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge.

Der Fall hatte einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zur Folge, dessen Abschlussbericht zahlreiche Fehler der Behörden im Umgang mit dem Kind darlegte. Die Staatsanwaltschaft ermittelte auch gegen Mitarbeiter des Jugendamtes, wegen fahrlässiger Tötung durch Unterlassen und Verletzung der Fürsorge- oder Erziehungspflicht. Sie stellte die Verfahren im Sommer dieses Jahres jedoch ein, da eine Strafbarkeit der Mitarbeiter nicht festgestellt werden konnte. „Yagmur wäre möglicherweise auch bei pflichtgemäßem Verhalten der Jugendamtsmitarbeiter im Haushalt der Eltern misshandelt und getötet worden“, resümierte die Staatsanwaltschaft.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.