Kolumne Fernsehen: Achtung! „Schweigekartelle“!

Willkommen in der wunderbaren Welt der Verschwörungstheorien von CSU-Politiker und Ex-Innenminister Hans-Peter Friedrich.

Hans-Peter Friedrich

Hans-Peter Friedrich, der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Foto: dpa

Die gute Nachricht zuerst: Hans-Peter Friedrich scheint es gut zu gehen. Er nimmt auch mit 58 Jahren noch aktiv am öffentlichen Leben teil. Mit Interesse verfolgt er die Medien.

Sie wissen schon, Friedrich, der einstige Kurzzeit-Innenminister (zweieinhalb Jahre), einstige Ultrakurzzeit-Landwirtschaftsminister (keine fünf Monate) und mittlerweile – Achtung! Insiderwissen! – stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Die schlechte Nachricht: Hans-Peter Friedrich teilt seine Beobachtungen, die er während seiner aktiven Teilhabe sammelt, öffentlich mit. Zuletzt gerne in den Medien über die Medien.

Ein paar Stichworte zur Einführung ins Thema: Köln, Silvester, Straftaten, Ausländer, anschließende Berichterstattung. Friedrichs Meinung dazu: „Es ist ein Skandal, dass es Tage gedauert hat, bis die öffentlich-rechtlichen Medien die Berichte aufgegriffen haben.“So schimpfte Friedrich im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, dem – Achtung! Insiderwissen! – Zusammenschluss von Regionalzeitungen, wie der Leipziger Volkszeitung, der Hannoverschen Allgemeinen oder der Märkischen Allgemeinen. Friedrich spricht von „Nachrichtensperren“ und „Schweigekartellen“, die vorherrschen würden, damit ließen „sich die Folgen der unkontrollierten Zuwanderung jedoch nicht lösen“.

Das klingt ziemlich unterkomplex. Und ja, es ist auch ziemlich unterkomplex. Aber es bestärkt genau diejenigen, die der CSU-Mann für seine politischen Ziele (Grenzen dicht, Abschiebung besser vorgestern als gestern) braucht: Denn Friedrich spielt so den Futterlieferanten für alle, die gern „Lügenpresse“ brüllen und die Medien eh für fremdgesteuert halten. Nicht, weil Friedrich es überhaupt wagte, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu kritisieren – das tun viele, dafür bieten ARD und ZDF mehr als genug Stoff (Xavier Naidoo, Til Schweiger, „heute plus“ ...) –, sondern weil er für seinen Rundumschlag deren Vokabular und die Pauschalisierungen übernommen hat. Von wem sollen die vermeintlichen „Nachrichtensperren“ ausgegangen sein? Wer ist Teil des „Schweigekartells“? Schon sind wir in der wunderbaren Welt der Verschwörungstheorien – powered by H.-P. Friedrich.

Aber um am ganz rechten Rand zu punkten, muss halt auch mal der öffentlich-rechtliche Rundfunk leiden. Zu dem hat die CSU ja eh ein besonderes Verhältnis. Klar, ihren Bayerischen Rundfunk haben sie ganz gut im Griff, da darf dann der Söder auch mal bei „Dahoam is dahoam“ mitspielen und zeigen, wie toll er das Parteiprogramm auswendig kann. Nur die anderen, außerhalb des Freistaats, die bekommen sie nicht unter Kontrolle – trotz aller Anrufen in den Redaktionen. Die senden, was sie wollen. Friedrich formuliert das so: Es „besteht der Verdacht, dass die gebührenfinanzierten öffentlich-rechtlichen Medien ihrem Informationsauftrag nur noch unzureichend nachkommen“.

Und damit dieser Verdacht sich nicht erhärtet, können ein paar Ratschläge von Friedrich in die Fressen von ARD und ZDF natürlich nicht schaden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.