Polizeiwillkür in den USA: Keine Anklage im Fall Sandra Bland

Sandra Bland starb im Juli in einem Gefängnis in Texas, festgenommen wegen einer Bagatelle. Eine Jury entschied nun: Anklage wird nicht erhoben.

Eine afro-amerikanische Frau mit langen Haaren lacht in die Kamera

Bleibt Sandra Blands Tod unaufgeklärt? Foto: Courtesy of the Bland family/AP

BERLIN taz | Das Ende für Sandra Bland begann mit einem Fahrbahnwechsel. Die Afro-Amerikanerin war am 10. Juli mit dem Auto auf einer Landstraße im US-Bundesstaat Texas unterwegs, als sie von einem Polizisten angehalten wurde. Sie hatte beim Spurwechsel nicht geblinkt.

Was danach passiert, klingt ob der Willkür unrealistisch, wäre es nicht durch die Kamera im Streifenwagen aufgezeichnet worden: Der Polizist Brian Encinia fordert Bland etwa auf, ihre Zigarette auszumachen, woraufhin sie erwidert, sie könne in ihrem Auto so viel rauchen, wie sie wolle. Die Situation eskaliert weiter und gipfelt darin, dass der Polizist der 28-Jährigen einen Taser vor das Gesicht hält und droht „I light you up“ (“Ich zünde dich an“), wenn sie nicht aus dem Wagen stiege.

Drei Tage später ist Bland tot. Sie wird mit einer Plastiktüte erhängt in ihrer Zelle gefunden. Die Gerichtsmedizin stellt nach der Obduktion einen Suizid fest. Die Familie von Bland bezweifelt das bis heute. Nach dem Tod der Afro-Amerikanerin kommt es zu landesweiten Protesten, die „Black Lives Matter“-Bewegung fordert Aufklärung.

Diese wird es jedoch von offizieller Stelle nicht geben, wie die Washington Post am Dienstag berichtete. Eine von der Staatsanwaltschaft in Texas eingesetzte „Grand Jury“ hat entschieden, dass gegen niemanden im Zusammenhang mit dem Fall Sandra Bland Anklage erhoben werden wird.

Die Polizei hatte stets argumentiert, dass die Festnahme von Bland gerechtfertig war, weil sie den Beamten Encinia getreten habe. Blands Familie und Protestgruppen argumentieren, ihre Verhaftung habe auf Rassismus basiert und hätte niemals stattfinden dürfen.

„Ist das Justizsystem verrückt geworden?“

Nach der Bekanntgabe der Entscheidung wurde der Hashtag #SandraBland zu einem der meistgenutzten bei Twitter. „Was muss passieren, damit Gerechtigkeit nicht so blind gegenüber der Wahrheit ist? Menschen sterben und die Welt zuckt nur mit den Schultern. #SandraBland“, twitterte etwa Daily Johnson. Und Laura Bennett schrieb: „Ist das amerikanische Justizsystem verrückt geworden? Wie kann eine Frau in Polizeigewahrsam sterben, ohne, dass jemand dafür verantwortlich gemacht wird?! #SandraBland“

Auch Bernie Sanders, Präsidentschaftskandidat der Demokraten, twitterte ein Statement, in dem es unter anderem heißt: „Sandra Bland hätte nicht in Polizeigewahrsam sterben dürfen. Ich habe keinen Zweifel, dass sie, wie so viele andere Afro-Amerikaner, die in Polizeigewahrsam sterben, noch leben würde, wäre sie eine weiße Frau gewesen.“ Hillary Clinton oder gar Republikanische Präsidentschaftsanwärter äußerten sich nicht zum Fall Sandra Bland.

Die Familie von Bland will nicht aufgeben. Schon vor der Entscheidung vom Dienstag hatte sie eine Zivilklage gegen die Polizei in Waller County eingereicht, weil sie nicht an einen Selbstmord der 28-Jährigen glaubt. Es ist ihre letzte Chance, eine Aufklärung des Falls vor Gericht zu erwirken. Ein strafrechtliches Verfahren ist nach der Entscheidung der Grand Jury ausgeschlossen.

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