Koalition will mehr abschieben

AUFENTHALTSGESETZ Union und SPD haben sich auf reduzierten Schutz für Flüchtlinge geeinigt. Ausweisungen sollen künftig schon bei Bewährungsstrafen möglich sein

Bei mehr Delikten sollen straffällig gewordene Flüchtlinge Deutschland verlassen müssen Foto: Daniel Maurer/dpa

von Christian Rath

BERLIN/KARLSRUHE taz | Kriminelle Flüchtlinge sollen häufiger ausgewiesen werden. Darauf haben sich Innenminister Thomas de Maizière (CDU) und Justizminister Heiko Maas (SPD) geeinigt. Auch die allgemeinen Ausweisungsregeln werden verschärft.

Grundsätzlich sind anerkannte Flüchtlinge vor Ausweisung geschützt. Asyl-Antragsteller dürfen bis zum Ende des Verfahrens nicht ausgewiesen werden. Dieser Ausweisungsschutz entfällt bisher nur, wenn der Flüchtling zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt wurde. Die Minister wollen die Grenze nun für besondere Delikte auf ein Jahr absenken. Gemeint sind Straftaten gegen Eigentum, Leib, Leben und sexuelle Selbstbestimmung sowie Widerstand gegen Polizisten – wenn diese Taten mit Gewalt, Gewaltdrohung oder List begangen wurden. Bei Diebstählen soll die serienmäßige Begehung genügen. Bei allen anderen Delikten wie Betrug oder Bestechung bleibt es bei der bisherigen Dreijahresgrenze.

Die Absenkung der Schwelle soll sogar für Bewährungsstrafen gelten. Das dürfte aber gegen die Genfer Flüchtlingskonvention verstoßen. Denn sie erlaubt die Durchbrechung des Ausweisungsschutzes nur, wenn Flüchtlinge eine „Gefahr für die Allgemeinheit‘“ darstellen. Die Strafaussetzung zur Bewährung setzt allerdings geradezu voraus, dass keine Gefahr für die Allgemeinheit besteht.

Verschärft werden auch die allgemeinen Ausweisungsregeln

Verschärft werden auch die allgemeinen Ausweisungsregeln. Diese gelten für Flüchtlinge, die ihren Schutz verloren haben, sowie alle anderen Ausländer mit legalem Aufenthalt in Deutschland. Auch künftig muss in jedem Einzelfall abgewogen werden zwischen dem Ausweisungsinteresse des Staates und dem Bleibe-Interesse des Ausländers. Das heißt, wer lange hier lebt und zum Beispiel Kinder in der Schule hat, muss sich mehr zuschulden kommen lassen als ein Neuankömmling. In die allgemeine Abwägung soll nun aber auch einfließen, ob ein Flüchtling sich generell „rechts­treu“ verhalten hat. Das war besonders de Maizière wichtig. Ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse des Staates soll künftig immer dann vorliegen, wenn irgendeine Freiheitsstrafe wegen der oben erwähnten besonderen Delikte verhängt wurde. Auch eine Bewährungsstrafe oder Jugendstrafe soll genügen. Bisher lag die Schwelle generell bei einem Jahr. Wie und ob sich das am Ende auswirkt, ist bei Einzelfallabwägungen aber nur schwer zu prognostizieren.

Keine Änderungen gibt es bei Abschiebungen, also dem Vollzug der Ausweisung. Bei ausgewiesenen Syrern dürfte die Abschiebung regelmäßig daran scheitern, dass dort Bürgerkrieg herrscht. Bei Nordafrikanern gibt es oft Probleme mit der Identität.