Konflikt in Libyen: Regierung mit Hindernissen

Nach langen Verhandlungen sollen die Konfliktparteien eine Einheitsregierung bilden. Das ostlibysche Parlament hat noch nicht zugestimmt.

Eine Reihe Autowracks, dahinter stehen ein paar Menschen

In Sliten starben am 7. Januar mindestens 70 Personen bei einem Suizidanschlag. Foto: dpa

TRIPOLIS/BERLIN taz | Nach einem Verhandlungsmarathon von anderthalb Jahren unter Schirmherrschaft der Vereinten Nationen hat Libyen eine Einheitsregierung. Der vor vier Wochen ernannte Premierminister Fayez Serraj ernannte am Dienstagmorgen die 32 Minister mit jeweils zwei Stellvertretern. Während einer Übergangsphase von zwei Jahren sollen sie einen demokratischen Prozess in Gang bringen.

Doch noch hat das international anerkannte Parlament im ostlibyschen Tobruk der Machtübergabe an die Einheitsregierung nicht zugestimmt – und so lange ist diese nicht rechtskräftig. Ohne das Votum der Abgeordneten würde die Serraj-Regierung in Libyen zudem als von außen aufoktroyiert angesehen werden. Doch bisher weigert sich der Sprecher des Tobruk-Parlaments, Ageela Saleh, energisch, die Parlamentarier zusammenzurufen.

Ob die neue Regierung ihre Arbeit in der Hauptstadt Tripolis wird aufnehmen können, ist offen. Schon vor der Einigung hatte das Parlament in Tripolis seinen Widerstand gegen die Einheitsregierung angekündigt. Andere Kritiker des Abkommens verweisen darauf, dass regionale Foderungen aufgenommen wurden, aber die große Zahl der Minister die Arbeit unmöglich macht.

Im Osten Libyens, wo Armeegeneral Chalifa Haftar, ein Skeptiker des UN-Friedensplans, gegen eine Allianz von Extremisten des „Islamischen Staats“ (IS), Ansar al-Sharia und andere Milizen kämpft, ist das Misstrauen gegen die Machthaber in Tripolis im Westen des Landes nach 42 Jahren Zentralismus groß.

Misstrauen im Osten des Landes

Die moderaten Islamisten, seit ihrem letztjährigen Putsch in der Hauptstadt an der Macht, wollen Haftar unbedingt loswerden. Im vergangenen Jahr wurde Haftar zum Kommandanten der Armee ernannt. Mit der Wahl eines Verteidigungsministers aus Bengasi versucht Regierungschef Serraj den Konflikt zu entschärfen.

Die Bemühungen zur Bildung einer Einheitsregierung unter UN-Vermittlung hatten an Fahrt aufgenommen, nachdem der deutsche Diplomat Martin Kobler im November zum neuen UN-Sondergesandten ernannt worden war. Auf einer Friedenskonferenz in Rom Mitte Dezember wurde das weitere Vorgehen festgelegt. Dies führte zur Ernennung von Serraj zum Übergangspremierminister. Er wurde damit betraut, bis Anfang Februar ein Kabinett zusammenzustellen und die Wiederaufnahme der Arbeit der Ministerien vorzubereiten.

Ob die Minister je ihre Arbeit in Tripolis aufnehmen werden, ist offen

Die Bekanntgabe der Einheitsregierung erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem der IS sich in Libyen immer stärker festsetzt. Libysche Experten gehen davon aus, dass der IS versuchen wird, von seiner Hochburg Sirte aus weiter in die Nachbarländer einzusickern, und ein Kalifat in Nordafrika ausrufen will. In den vergangenen beiden Wochen kam es in Libyen zu mehreren Selbstmordanschlägen und einem Brand in dem Ölhafen Sidra bei Ras Lanuf.

Die Ausdehnung des IS befeuert zugleich die Diskussion in Washington und europäischen Hauptstädten, darunter Berlin, über eine internationale Intervention in Libyen. In dem nordafrikanischen Land gibt es außer dem IS zahlreiche andere Milizen, die allerdings untereinander zerstritten sind. Die rivalisierenden Regierungen in Tripolis und Tobruk wurden bislang jeweils von unterschiedlichen Bündnissen dieser Milizen unterstützt. M.K./B.S. .

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.