Messerattacke auf Linke-Politiker: 17 Stiche gegen links

In Wismar sollen Rechtsextreme auf einen jungen Politiker der Linkspartei losgegangen sein – und mehrfach zugestochen haben, sagt er.

Eine Flasche liegt auf einem blutverschmierten Boden

Blutige Überreste nach einem Angriff rechter Täter auf ein Kulturzentrum im thüringischen Ballstädt 2014. Foto: dpa

BERLIN taz | Sie beschimpften ihn als „schwule Kommunistensau“, dann stachen sie mit dem Messer mehrfach auf ihn ein. So schildert Julian Kinzel, junger Nachwuchspolitiker der Linkspartei, die Vorfälle vom Montag. Demnach wurde er im mecklenburg-vorpommerschen Wismar von mutmaßlich Rechtsextremen angegriffen und brutal attackiert. Kinzel ist Sprecher des linken Jugendgruppe Solid in Schwerin.

Seinen Angaben zufolge sei er am Montag in einem Parkstück am Wismarer Bahnhof spazieren gegangen, als er von drei Männern attackiert worden sei. Einer soll ihm zuerst unvermittelt in den Magen geschlagen haben, ein anderer dann mehrfach mit einem Messer auf ihn eingestochen haben.

Aufgrund der Beschimpfungen und des Kleidungsstils der Angreifer, die szenetypische Thor Steinar-Klamotten getragenhaben sollen, gehe er von rechtsextremen Tätern aus. Erst nach starker Gegenwehr und dem Erscheinen von Passanten hätten sie von ihm abgelassen. So beschreibt Kinzel den Tathergang auf seiner Facebook-Seite, seitdem erreichen den Nachwuchspolitiker bundesweit Solidaritätsnachrichten.

Eine zweite, unabhängige Bestätigung seiner Darstellung gibt es bislang noch nicht. Die Polizei weist darauf hin, dass Kinzels Anzeige erst am Dienstag über die Internetwache der Polizei erfolgt sei. Eine Sprecherin der Polizei Rostock sagte der taz am Mittwochmorgen: „Eine derart späte Meldung über das Internet bei einem solchen Vorfall ist zumindest ungewöhnlich.“ Dadurch sei der Polizei wichtige Ermittlungszeit verloren gegangen.

Derzeit versuchten die Beamten, mit Kinzel in Kontakt zu treten, sagte die Sprecherin. Dann solle auch das Ausmaß der Attacke geklärt werden. Das Neue Deutschland hatte am Mittwochmorgen bereits von einem „Mordanschlag“ geschrieben.

Angriffe auf Büros und Aktivisten

Kinzel selbst gab nach Darstellung der Linkspartei in Schwerin an, Ärzte hätten an seinem Arm rund 17 Messerstiche oder Wunden gezählt, es sei aber bei Fleischwunden und leichten Prellungen geblieben. Er konnte schnell wieder aus dem Krankenhaus entlassen werden.

Rechtsextreme Attacken auf Politiker und Büros der Linkspartei sind in Ostdeutschland keine Seltenheit. Immer wieder war es in der Vergangenheit zu Angriffen auf Büros und auch zu Übergriffen auf linke Aktivisten gekommen. Ein gezielter Messerangriff auf einen Nachwuchspolitiker hätte allerdings durchaus eine besondere Qualität.

Allerdings gab es in den letzten Monaten mehrere direkte Angriffe auf Menschen durch Täter aus dem rechten Spektrum. Zuletzt hatte etwa ein Unbekannter im hessischen Dreieich in der Nacht zu Montag mit einer Schusswaffe auf das Fenster einer bewohnten Flüchtlingsunterkunft gezielt. Ein Mann war dabei verletzt worden.

Im August hatten in Mecklenburg-Vorpommern mutmaßlich rechte Täter die Scheune eines Ehepaars in Brand gesteckt, das im von Neonazis dominierten Örtchen Jamel bis zuletzt gegen Rechtsextremismus gekämpft hatte.

Einen Schwerpunkt mit zahlreichen Hintergrundberichten zum rechten Terror in Deutschland bietet die taz hier.

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

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