HDP unter Druck in der Türkei: Festnahmen bei Razzia in Istanbul

Antiterroreinheiten stürmen in Istanbul ein Büro der prokurdischen Partei. Die türkische Regierung bleibt dabei, dass die HDP der politische Arm der PKK sei.

Porträt Selahattin Demirtas

Selahattin Demirtas ist häufiges Ziel türkischer Attacken. Foto: ap

ISTANBUL afp | Bei einer Razzia gegen die prokurdische Partei HDP in Istanbul hat die türkische Polizei am Freitag mehrere Menschen festgenommen und Unterlagen beschlagnahmt. Wie ein afp-Fotograf berichtete, sperrten zahlreiche Bereitschaftspolizisten am Morgen eine Straße im westlichen Teil der Metropole ab, in der die Büros der Partei liegen.

Antiterroreinheiten drangen in das Gebäude im Stadtteil Beyoglu ein. Unter den Festgenommenen war türkischen Medienberichten zufolge auch der Kovorsitzende der Partei in Beyoglu, Rukiye Demir.

Die islamisch-konservative Regierung des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geht seit einigen Wochen verstärkt gegen die Demokratische Partei der Völker (HDP) vor. Erdogan unterstützt das Strafverfahren gegen die beiden HDP-Vorsitzenden Selahattin Demirtas und Figen Yüksekdag wegen deren Forderung nach Autonomie für die türkischen Kurdengebiete. Der Staatschef setzt sich dafür ein, die parlamentarische Immunität der beiden Politiker aufzuheben. Demirtas gilt als ernsthafter Konkurrent für Erdogan, seine Partei gewann bei der Parlamentswahl im Oktober zehn Prozent der Stimmen.

Der jahrzehntelange Konflikt der Regierung in Ankara mit der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) war im Sommer wieder eskaliert. Die Armee geht in den Kurdengebieten im Südosten des Landes mit aller Härte vor. Es gibt zahlreiche Tote, auch unter der Zivilbevölkerung. Die staatlichen Behörden beschuldigen die HDP, der politische Arm der PKK zu sein. Diese wird von Ankara und seinen westlichen Verbündeten als „Terrororganisation“ eingestuft.

Umbau auf Präsidialsystem

Der türkische Parlamentspräsident Ismail Kahraman kündigte unterdessen die Bildung eines neuen Ausschusses an, der die von Erdogan geforderte Änderung der Verfassung vorbereiten soll. Erdogan will seine Position als Staatschef stärken und die Türkei zu einem Präsidialsystem umbauen. Ihm schwebt eine Rolle als Staatschef wie in den USA, Russland oder Frankreich vor.

Erdogans Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) hat im Parlament zwar die absolute Mehrheit, ihr fehlt aber die für eine Änderung der Verfassung erforderliche Mehrheit. Die Oppositionsparteien lehnen das vorgeschlagene Präsidialsystem ab, sie werfen Erdogan schon jetzt ein Abgleiten in eine autoritäre Herrschaft vor.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.