Folgenreicher Facebook-Kommentar: Linken-Politiker mit Putschfantasien

Der Leipziger Anwalt Alexej Danckwardt spielt im „Fall Lisa“ eine Schlüsselrolle. Jetzt muss er mit seinem Ausschluss aus der Linkspartei rechnen.

Anwalt Alexej Danckwardt, stehend, mit einem Mandanten, sitzend.

Es droht der Parteirauswurf: Anwalt Alexej Danckwardt mit einem Mandanten. Foto: dpa

BERLIN taz | Alexej Danckwardt rechnet damit, aus seiner Partei geworfen zu werden. Am Mittwochabend, nach Redaktionsschluss der taz, wollten seine Parteifreunde über den 40-jährigen Anwalt beraten, der für die Linke im Leipziger Stadtrat sitzt. Mit einem Kommentar, den er am Sonntag auf Facebook postete, hat der russischstämmige Politiker für viele nun endgültig den Bogen überspannt.

„Ach, ist das eine schöne Vorstellung, wie diese Frau, die so viel unglaublich Böses getan und so viele schwerwiegende Verbrechen zu verantworten hat, halbnackt durch halb Deutschland sprinten muss, um sich vor wütenden Massen zu retten“, schwärmte er von der Idee, Merkel würde über einen „deutschen Maidan“ stürzen. Die Reaktion kam prompt: „Weder der Inhalt noch die Wortwahl sind mit unseren Fraktionszielen vereinbar“, erklärte seine Ratsfraktion. Auch die Landespartei Sachsen distanzierte sich. Und aus Thüringen twitterte Bodo Ramelow: „Das hat mit Meinung nichts mehr zu tun! Kein Deut besser als Frau von Storch!“ Die AfD-Politikerin hatte davon fantasiert, Merkel müsse bald nach Chile flüchten.

Schon im Sommer 2015 hatte Danckwardt die Ukraine-Politik der EU mit der „Lebensraumpolitik Hitlers“ verglichen. „Das war definitiv unsensibel“, sagt Danckwardt nun über seinen Facebook-Post, der seine politische Karriere besiegeln dürfte. Bundesweit ist der Leipziger Rechtsanwalt jetzt aber ins Rampenlicht gerückt, weil er die Familie des 13-jährigen russlanddeutschen Mädchens vertritt, von dem es in russischen Medien hieß, sie sei entführt und vergewaltigt worden. Die Berliner Polizei widersprach dieser Darstellung. Russlands Außenminister Sergei Lawrow warf den deutschen Behörden daraufhin am Dienstag vor, den Fall vertuschen zu wollen.

Danckwardt weist das zurück, aber er wirft der Berliner Polizei „erschreckende Unsensibilität“ vor. Sie hätte deutlicher machen müssen, dass das Mädchen zum Opfer eines Verbrechens geworden sei. Stattdessen habe sie von „einvernehmlichem sexuellem Kontakt“ gesprochen und das traumatisierte Mädchen damit als Lügnerin abgestempelt. Doch eine Vergewaltigung könne auch dann vorliegen, wenn Gewalt nur angedroht oder eine „schutzlose Lage“ ausgenützt worden sei. „Die Behörden haben den Aufruhr verursacht, sie sollten sich dafür entschuldigen“, sagte Danckwardt der taz.

Mit seinem Merkel-Kommentar hat er für viele jetzt den Bogen überspannt

„Wir haben konkrete Hinweise auf den schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes“, stellte ein Sprecher des Berliner Staatsanwaltschaft, die den Fall inzwischen an sich gezogen hat, am Mittwoch gegenüber der taz klar. „Wir haben zwei Verdächtige, aber keine Hinweise auf eine Entführung und Vergewaltigung.“ Die Kommunikationspolitik der Berliner Polizei wollte er nicht kommentieren.

Die Bundesregierung hat die Anschuldigungen aus Moskau zurückgewiesen. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte am Mittwoch in Berlin, es verbiete sich, den Fall „politisch zu instrumentalisieren“. Ein Sprecher des Auswärtigen Amtes nannte die Berichterstattung in Russland „interessant“ und fügte hinzu: „Auf Dauer gilt immer: Lügen haben kurze Beine.“

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