„Euro-Memorandum 2016“: Wirtschaft begrüßt Flüchtlinge

320 Wirtschaftswissenschaftler erwarten durch die Flüchtlinge positive Effekte auf die EU-Volkswirtschaften. Doch es gebe auch ein Problem.

Euro-Zeichen mit Sternchen - ein Wandrelief.

„Solidarität statt Austerität“ fordern die Wissenschaftler für Europa. Foto: reuters

HAMBURG taz | Flüchtlinge können der lahmenden Wirtschaft in der EU Beine machen. Darauf bauen mehr als 320 Ökonomen und Sozialwissenschaftler aus ganz Europa. Sie veröffentlichten am Dienstag das „Euro-Memorandum 2016“. „Mittel- bis langfristig“ erwarten die Ökonomen durch die Migration positive Auswirkungen auf die Volkswirtschaften in der EU.

„Das Nadelöhr sind aber die Arbeitsmärkte“, sagte Mitunterzeichner Heinz-J. Bontrup der taz. Der Wirtschaftsprofessor ist Sprecher der deutschen Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik. „Das Prekariat ist selbst in Deutschland – mit seinen scheinbar so günstigen Arbeitsmarktdaten – so groß wie nie.“ Deshalb brauche Europa einen Kurswechsel. Sozialleistungen für Migranten könnten helfen, die Krise in Europa zu bewältigen, weil sie die Binnennachfrage ankurbeln.

Anders als in den USA erholt sich die Wirtschaft in Europa nur schleppend. In der Eurozone beträgt die Arbeitslosigkeit acht Jahre nach Ausbruch der großen Finanzkrise immer noch 10,7 Prozent, zudem hat jeder fünfte Jugendliche keinen Job, kritisieren die Wissenschaftler.

Auch für die Zukunft sehen die überwiegend linken und keynesianischen Wissenschaftler der 1995 gegründeten Vereinigung schwarz. „Die wirtschaftlichen Aussichten Europas sind weiterhin düster: geringes Wachstum und hohe Arbeitslosigkeit.“ Obwohl die Wirtschaftsleistung in den meisten Ländern wieder steige, bleibt sie in den südlichen und in vielen östlichen Mitgliedstaaten deutlich unter dem Niveau von 2007, als die Finanz- und Staatsschuldenkrise ausbrach. „Europa ist weiterhin sozial und wirtschaftlich polarisiert.“ Und politisch entmachtet. Griechenland habe „uns die Augen geöffnet“, schreiben die Memorandum-Ökonomen.

„Solidarität statt Austerität“

Europäische Zentralbank, Internationaler Währungsfonds oder EU-Kommission hebelten mit ihren „Rettungsprogrammen“ Gesetze aus, die Parlamente der Krisenländer beschlossen haben, kritisierten die Ökonomen. Weite Teile der Wirtschaftspolitik würden so der Handlungssphäre demokratisch gewählter Regierungen entzogen. „Solidarität statt Austerität“ sei auch eine Grundlage, um populistischen fremdenfeindlichen Positionen zu begegnen, heißt es im Memorandum.

Am Dienstag zog indes die Sparpolitik der griechischen Regierung erneut Proteste nach sich. Aufgebrachte Landwirte blockierten wichtige Straßenverbindungen sowie Grenzübergänge nach Bulgarien und zur Türkei, um Rentenreform sowie Steuererhöhungen in Griechenland zu kritisieren. Gleichzeitig setzten Rechtsanwälte und Notare ihren seit 15 Tagen dauernden Streik fort.

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