Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Hilfreicher Gabriel, hilfloser Varoufakis, Sprechdurchfall bei Seehofer, Biobiobio-Siegel und 1.000 ganz legale Beatricks.

Ein Storch steht mit ausgebreiteten Flügeln auf einem braunen Nest

Frau Storch mal wieder am tricksen: hier im ganz naturnahen Kostüm, um die Ökowähler zu bezirzen. Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?

Friedrich Küppersbusch: Alles, was in diesem Text steht, wird wahrscheinlich erst 2116 wissenschaftlich bewiesen.

Was wird besser in dieser?

Gesunde Ernährung, mehr Sport, ich will ja schließlich 2116 mitfeiern.

Bernie Sanders! Wo stünde der im deutschen Parteienspektrum?

Gibt’s nicht, müssten wir nachbauen. Vorschlag : RTLs Peter Zwegat mit einem Textbaustein von Sahra Wagenknecht.

AfD-Vize von Storch fordert per Post erst einen Schießbefehl auch auf Kinder, spricht dann vom versehentlichen „Abrutschen auf der Computermaus“, und schließlich dementiert sie dieses Dementi. Was denn nun?

Auch mit der Single-Auskopplung „Margot Merkel flieht nach Chile“ hatte sie ja schon Chartsnotierungen. Vor unseren Augen entsteht das Standardwerk „1.000 ganz legale Beatricks“, entlang der legendären Methode Haider. Der österreichische Travestiekünstler lebte glänzend davon, seinen antisemitischen Sprüchen durch Dementis wesentlich mehr Reichweite zu verschaffen als durch die Sprüche selbst. Bei Storch wirkt das noch ein bisschen verpeilt und ungelenk, doch wir können daran schon mal üben, wie wir uns nicht zum Multiplikator machen.

Horst Seehofer bezeichnet die Grenzöffnung für Flüchtlinge als „Herrschaft des Unrechts“. Fällt dem nichts Neues ein?

Vor ein paar Wochen blockwartete SPD-Fraktionschef Oppermann mit einer Überraschung auf: „Bodenständige Konservative haben in der CDU keine politische Heimat mehr“, Merkel mache „Millionen Bürger politisch heimatlos“, weswegen viele dann „zur AfD abwanderten“. Oppermann als CDU-Grundwerte-Kommissar mutet skurril an, was seiner Analyse nichts nimmt: Horst Seehofer war selten so wenig lose Kanone wie jetzt. Er kuschelt mit Putin, weil der „Kalte-Krieg-Kurs“ gegenüber Russland vielen Sorge macht. Er plagiiert den Jargon von Pegida und Montagsirren. Er macht den schmutzigen Job des rechten Ausputzers. Seehofer hat sich lange mit Bastelkram wie „Ausländermaut“ und „Betreuungsgeld“ zum Horst gemacht. Sein Fehler ist weniger der Sprechdurchfall jetzt und viel mehr die Feigheit, abweichende Positionen mit starrem Blick auf die dunnemals Wahllokomotive Merkel runterzuschlucken. Manche CDU-Wähler mögen ihn irre finden – kein Problem, die CSU kandidiert nur in Bayern. Umgekehrt wurde früher außerhalb Bayerns oft auch CDU gewählt und CSU gemeint. Das sahnen jetzt, Tiefschlafhorst sei’s gedankt, AfD und andere ab, die glaubwürdigere Rechtsdumpf-factory-outlets betreiben.

Forscher weisen Gravitationswellen nach, die Einstein schon vor 100 Jahren in seiner Relativitätstheorie vorhergesagt hat. Verstehen Sie eigentlich, worum es da geht?

Ja klar. Als Nächstes wollen die Wissenschaftler die AfD durch eine vier Kilometer lange Vakuumröhre schießen, um zu messen, ob sie mehrere Bruchteile eines Wasserstoffatoms von der NPD abweicht. Kann nochmal 100 Jahre dauern.

Der Biolandverband erlaubt, Tieren Antibiotika zu geben. Tierschützer publizieren Videos, die Missstände in Betrieben zeigen, und das alles während der BioFach-Messe. Wann werden Sie Vegetarier?

Sobald ich Zellstoff verstoffwechseln kann, ernähre ich mich nur noch von den Dutzenden Bio-Öko-Natur-Biobio-und Biobiobio-Siegeln selbst im Ökosupermarkt. Das ist eine ABM für Werbetexter und produziert in Summe das sichere Gefühl, dass es vor lauter Siegeln kein vertrauenswürdiges gibt. Das Auto, in dem die Lebensmittel transportiert werden, ist in Deutschland verbindlicher zertifiziert als die Ware im Kühlkoffer obendrauf.

Gabriel lässt sich feiern, weil er sich um seine kranke Tochter kümmert. Spitzentyp, oder?

Für jeden anderen Vater, der sich seinem Arbeitgeber gegenüber auf das Beispiel des Vizekanzlers berufen kann, wird das sehr hilfreich sein.

In Berlin stellt Gianis Varoufakis sein neues linkes Netzwerk vor. Wird er so die EU retten?

„Entpolitisiert“ und „renationalisiert“ nennt Varoufakis Europa und gesteht „Hilflosigkeit“ ein: als Finanzminister unter den Sachzwangserkrankten der EU. Kurz: Hier blitzt die Gelegenheit für Grüne und SPD auf, ihre marode Programmarbeit ins Leichtlohnland Griechenland outzusourcen. Merkels Deutschland bekommt gerade die Quittung für sein unsolidarisches Verhalten in der Finanzkrise – in Form von unsolidarischem Verhalten der anderen in der Flüchtlingsfrage.

Und was machen die Borussen?„Bester Zweiter aller Zeiten“, na ja, ein Gurkentitel, aber nehmen wir mit, wenn Leverkusen kotzt.

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