Sekte oder Meditationsgruppe?

Eine friedliche Meditationsbewegung für die einen, eine Psychosekte für die anderen: Die Einschätzungen zur chinesischen Falun Gong-Bewegung gehen weit auseinander

Ob Falun Gong nur eine Meditationsbewegung oder doch eine Sekte ist, ist auch in Deutschland stark umstritten. Falun Gong (auch Falun Dafa genannt) beinhaltet ähnliche Elemente, wie sie auch im Buddhismus, Daoismus, der traditionellen chinesischen Medizin, und dem Qigong vorkommen. Falun Gong-Anhänger praktizieren fünf meditative Übungen und leben nach den Prinzipien „Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht“. Der geistige Führer ist Li Hongzhi, der viele Bücher geschrieben hat und in den USA lebt.

Sektenforscher bezweifeln, dass Falun Gong nur eine lose, meditative Bewegung ist, wie sie ihre Anhänger nach außen vertreten. Die ersten Klage der Falun Gong in Deutschland gegen einen Pressebericht wurde vom Landgericht Leipzig Anfang des Jahres abgewiesen. Falun Gong habe „den Charakter einer neureligiösen Sekte mit sehr hierarchischen Anhängerstrukturen“, hieß es in der Begründung. Zudem entwickle die Organisation „ein elitäres und sektiererisches Gruppenbewusstsein“.

Der Bundesverband Sekten- und Psychomarktberatung e.V. aus Bonn zweifelt daran, dass sich in der Bewegung niemand bereichert: Auf der Homepage der Falung Gong-Anhänger (www.falungong.de) stehe zwar unter dem Bild des Gründers Li Hongzhi: “Alle Falun Dafa-Aktivitäten sind kostenlos.“ Demgegenüber heißt es in einem seiner Bücher: „Weil wir Bücher und Materialien drucken und überall den Weg verbreiten müssen, brauchen wir Geld. Die Gebühren, die wir kassieren, sind die niedrigsten im Land.“ Falun Gong-Anhänger bestreiten den Sektencharakter. „Es gibt keine Aufnahmekriterien und niemand wird ausgeschlossen, wenn er nicht nach den Prinzipien lebt“, schreiben sie im Netz.

Nicht umstritten ist die brutale Verfolgung von Falun Gong-Anhängern in China. Doch die Zahl der Gefolterten und Toten gehen auseinander – wie die Zahlen über die Anhängerschaft der Bewegung. Bis zum Beginn der Verfolgung 1999 in China gab es laut chinesischen Medien etwa 70 Millionen, laut Falun Gong 100 Millionen Anhänger. Genaue Zahlen ließen sich schon damals nicht nennen, da es keine offizielle Mitgliedschaft gibt. Stattdessen praktizieren Menschen die Übungen und kultivieren ihren Geist nach den Regeln von Falun Gong. Nach dem Verbot der Bewegung sind die Zahlen über die Anhänger weiter auseinander gedriftet: Nach Angaben der chinesischen Regierung soll es in China derzeit nur noch zwei Millionen von ihnen geben. Falun Gong geht aber immer noch von 100 Millionen Praktizierenden aus. In Deutschland leben zwischen 1.000 und 2000 Anhänger, viele Deutsche haben sich der Bewegung angeschlossen. NATALIE WIESMANN