Sekt statt Bier

Glam und Glitter Strawberry Kaeyk und ihr erstes Studioalbum „We’re All Stars Now In The Drag Show“

Strawberry Kaeyk in (glanz-)voller Montur Foto: Foto. Natalie Mayroth

Tagsüber sitzen sie in Berliner Redaktionen, im queeren Stadtmagazin und der linksalternativen tageszeitung, und nachts sind sie als Drag Queens unterwegs. Seit über einem Jahrzehnt treten Strawberry Kaeyk zusammen auf, daraus entwickelte sich eine Coverband, die live vor allem durch ihren Humor besticht, sieht man von den funkelnden Kostümen ab. Das erste Album, „Cover Grrrlz“, lag acht Jahre zurück, für ihr Studioalbum holten sie sich finanzielle Unterstützung durch ein Crowdfunding.

„We’re All Stars now in the Drag Show“ war einer der ersten Songs, den Strawberry Williams (Gitarre/Gesang) und Kaey Kiel (Gesang/Kostüm) vor elf Jahren einstudiert haben. Ein Titel, der sehr an Marilyn Mansons „The Dope Show“ erinnert und zugleich als Titel des Albums dient. Darauf sind zehn Interpretationen von Hildegard Knef, Adele, Rihanna oder Jeans Team zu hören.

Als älteste Vorlage diente Knefs One-Night-Stand-Aufarbeitung „Ich wollte dich vergessen“ von 1966 und als jüngstes „Pferderennen“ von der Berliner Band Peer von 2014. „Die neue Platte war ein guter Motivator, endlich eigenes Material zu schreiben“, sagt Kaey Kiel. Neben drei Remixen sind auch fünf eigene Songs vertreten, „Superficial“, „Manchmal“, „Bayernlied“, „Kaey“ und „Straw“.

Basis des Albums ist die Gitarre von Straw, die sich durch alle Lieder spielt. Da ihre Bühnenpräsenz nicht ins Album einfließen kann, muss die Musik das wettmachen, etwa durch den Einsatz einer Bratsche in „Skyfall“ oder durch Glockenspieleinlagen. Produziert wurden die insgesamt 18 Tracks von Marcus Mundus. Der Gesang wechselt zwischen Kaey und Straw als Zweitstimme. Sie haben sich als Vorlage vor allem Popdiven wie Amy Winehouse oder Sia herausgepickt, ihre Stücke umgetextet, neu interpretiert, dann wird aus „Back to Black“ „Back to Drag“. Daneben befinden sich Stücke von Freunden, die sie gecovert haben: wie der Song „Millionär“, der im Original von Britta stammt. „In den 90ern habe ich die Lassie Singers gehört. Christiane Rösingers Song wollten wir, bevor wir sie kannten“, sagt Straw. Auch das „Bayernlied“ ist mit der Sängerin verbunden – es ist eine Hymne an Rösingers alternativ-queere Veranstaltungsreihe. Sie bleiben bei Sekt statt Bier: „Am Kotti ist das ganze Jahr Oktoberfest: die Flittchenbar“.

„Drag-Sein ist Teil meines Lebens“, sagt Kaey, die seit 15 Jahren auf der Bühne steht und als Transfrau lebt. Kennengelernt haben sich Kaey und Straw auf Drag Shows in Berlin. Trotz Auftritten beim Kreuzberger Christopher Street Day oder Geburtstagen sind sie keine Partyband. „Es ist ein Stück weit politisch und queer, als Drag aufzutreten“, sagt Straw, die im Alltag das Kleid im Schrank hängen lässt. „Wir singen dieses Popsongs nicht, weil sie Hits sind, sondern weil wir in ihnen ein Stück persönliche Wahrheit entdecken.“ „Wenn ich die Portishead-Strophe ‚Give me a reason to be a woman‘ als Transfrau singe, hat das noch mal eine ganz andere Bedeutung“, sagt Kaey. Sich nur an Protagonisten wie die in der Queerszene sehr beliebte Barbra Streisand oder Madonna zu orientieren, wäre ihnen zu erwartbar, deshalb singen sie auch Songs von Jeans Team oder Britta. Sekt statt Bier.

Was die Damen zwischen Schreibtisch und Bühne, Travestie und Unplugged produzieren, ist zwar nicht immer perfekt, aber echt. So D.I.Y., wie ihre Bühnenshow ist, sieht die pink bis rosa gehaltene Papierverpackung der CD aus.

Natalie Mayroth

soundcloud.com/strawberrykaeyk