Grüne über sichere Herkunftsstaaten: „Schwule kommen ins Gefängnis“

Marokko und Algerien sind keine sicheren Herkunftsländer, sagt Luise Amtsberg, flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen.

Skyline von Marrakesch, im Hintergrund verschneite Berge

Schön – aber nicht für Schwule: Marrakesch. Foto: dpa

taz: Frau Amtsberg, der grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, würde im Bundesrat dafür stimmen, Marokko, Tunesien und Algerien zu sicheren Herkunftsstaaten zu machen – wenn er dafür etwas bekommt. Okay?

Luise Amtsberg:Kretschmann ist Verhandlungsführer der Grünen im Bundesrat. Dass er mit dem Kanzleramt spricht, ist sein Job. Ich hätte mir gewünscht, dass er seine Verhandlungen rechtzeitig mit allen grünen Ländern rückkoppelt. Außerdem ist seine Verhandlungsmasse zu klein. Eine Altfallregelung für weniger als 20.000 Menschen entlastet das BAMF nicht.

Was ist schlimm daran, in diese drei Staaten schneller abzuschieben?

In Marokko und Algerien steht Homosexualität unter Strafe. Schwule und Lesben kommen vor Gericht und müssen ins Gefängnis. Die Diskriminierung steht in diesen Staaten also im Gesetz. Sie ist übrigens viel klarer dokumentiert als in den Balkanstaaten, in denen der Staat Sinti und Roma durch gezieltes Wegschauen diskriminiert. Deshalb habe ich große Zweifel, dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung verfassungskonform ist.

Aber jeder Flüchtling hätte doch weiter das Recht auf eine Einzelfallprüfung.

Das ist richtig. Aber das Verfahren wird beschleunigt. Widerspruchsfristen verkürzen sich, die Betroffenen und ihre Anwälte stehen unter größerem Stress. Verfolgung weist man aber nicht mal eben nebenbei nach. Davon unabhängig gibt es übrigens längst die Möglichkeit, die Flüchtlinge aus den Maghreb-Staaten im BAMF bevorzugt zu behandeln. Ganz ohne Einstufung.

31, ist flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion.

Kretschmanns Leute sagen: Das ist ein überschätztes Symbolthema. Warum dann nicht zustimmen, wenn Grüne etwas dafür bekommen?

Das ist eine Frage des politischen Stils. Union und SPD bringen die sicheren Herkunftsstaaten immer dann ins Spiel, wenn sie bestimmte Gruppen als nicht schutzberechtigt brandmarken wollen. Sie gaukeln der Bevölkerung damit aber nur Tatkraft vor. Die Einstufung löst kein Problem, sie ist eine sinnlose und in diesem Fall rechtlich nicht gedeckte Ersatzhandlung.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.