Iker Casillas beim FC Porto: Die Rückkehr des Heiligen

Vor dem Duell gegen Dortmund hält Torhüter Iker Casillas beim FC Porto wieder wie zu seinen besten Tagen. Hinter ihm liegt eine düstere Zeit.

Iker Casillas und Willian vom FC Chelsea

Plötzlich wieder in Form: Iker Casillas (l.) Foto: ap

BARCELONA taz | Mit den Heiligen ist es im Fußball ein bisschen anders als in der Religion. Einmal Wunder getan zu haben, reicht nicht aus, so sehr diese auch noch verbrieft sein mögen vor Millionen Zeugen. Vielleicht ist es bei den Heiligen im Fußball aber doch wenigstens so, dass das Licht immer von irgendwo zu ihnen zurückkehrt.

In Fußballsprache ausgedrückt: So ein Spiel wie am Wochenende im portugiesischen Klassiker bei Benfica Lissabon hat Iker Casillas wirklich gebraucht. Beim 2:1 seines FC Porto zeigte der 34-Jährige gleich eine Handvoll dieser übersinnlichen Reflexe, die ihn einst zu „San Iker“ erhoben, zum fünffachen Welttorhüter des Jahres, spanischen Rekordnationalspieler, Weltmeister, Europameister, Champions-League-Sieger.

Plötzlich sind sie wieder da, die Elogen – „Riese“, titelte etwa das Sportblatt Récord über die ganze Seite. „Groß! Ganz Groß! Iker Casillas!“, gratulierte sein Ersatzmann Helton.

Vor dem Europa-League-Spiel bei Borussia Dortmund liegt zumindest wieder die Möglichkeit in der Luft, dass die Kalkulationen aus dem Sommer aufgehen. Die von Casillas, 34, seine Laufbahn in Würde abzumoderieren. Und die von Klubchef Pinto da Costa, den Mythos und die Routine des Startorhüters als Schutzschild in einem schwierigen Übergang zu nutzen, während dem der aktuelle Tabellendritte seine Vorherrschaft über den portugiesischen Fußball eingebüßt hat.

Zwist mit Reals Extrainer José Mourinho

Casillas schien immer die Cinderella seiner Generation: vom Glück geküsst, von allen geliebt, nicht so gefangen wie Kahn, nicht so melancholisch wie Buffon, unproblematischer, umgänglicher, auch: angepasster. So angepasst, dass er bei seinem Jugendklub Real Madrid ein jahrelanges Mobbing über sich ergehen ließ, dass er erst Reißaus nahm, als es gar nicht mehr anders ging; als seine Rüstung zerstört war, der Panzer von Selbstsicherheit, den jeder Torwart braucht, sogar er.

Iker Casillas, einen größeren Namen hatte es in der Exportliga Portugal noch nie gegeben. Der Verein brachte es zum Dauergast im spanischen Fernsehen und überholte den ewigen Rivalen Benfica Lissabon bei Facebook. Doch er bekam einen demoralisierten Torhüter, der seit einem Zwist mit Reals Extrainer José Mourinho über dessen Propagandastrategien zum Feindbild eines Teils des eigenen Anhangs geworden war und darüber fortan so verunsichert spielte, dass er Mourinhos vorgeschobene sportliche Argumente im Nachhinein zu legitimieren schien.

Casillas schien immer die Cinderella seiner Generation: vom Glück geküsst

Dem Wechsel nach Porto wohnte vor diesem Hintergrund auch eine düstere Ironie inne. Vor dem Estadio do Dragão steht immer noch eine lebensgroße Statue Mourinhos, sensationeller Champions-League-Sieger mit Porto 2004.

Wer steht bei der EM für Spanien im Tor?

Nach einem halbwegs idyllischen Beginn warf sie ab dem Herbst immer dunkler ihren Schatten auf Casillas. Seine Patzer in den Champions-League-Spielen gegen Dynamo Kiew zwangen das Team zu einem Endspiel um das Weiterkommen, das wie von böser Hand gesteuert just gegen Mourinhos damaligen Klub Chelsea angesetzt war. Nachdem die Londoner Portos Abstieg in die Europa League besiegelt hatten, kommentierte Mourinho boshaft: „Vielleicht verhelfen wir Casillas damit zum einzigen Titel, der ihm noch fehlt.“

Casillas’ Fall schien sich zu beschleunigen, als Porto im Januar seinen Landsmann und Freund Julen Lopetegui als Trainer feuerte und den U21-Nationaltorwart José Sá verpflichtete. Dazu weitere Fehler in der Liga, und fertig war die Nachricht, Casillas würde im Sommer kündigen und in die USA weiterziehen. Sie kam aus Spanien; die Journalisten, die ihn schon zu Mourinhos Zeiten mit den vom Trainer nur angedeuteten Vorwürfen konfrontierten („Maulwurf“, „Pseudo-Madridista“), lassen ihn nicht in Ruhe. Im Sommer steht schließlich noch eine EM an.

Als Favorit für den Stammplatz gilt der jüngere David De Gea von Manchester United. Es sei denn, der Heilige wäre dauerhaft zurück.

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